Bundeskanzlerin Angela Merkel ist lieber zur Fußball-Europameisterschaft nach Polen gefahren als zum UN-Nachhaltigkeitsgipfel nach Rio, und wirklich verübeln kann man ihr das nicht. Beides waren aufgeblasene Massen- und Medienspektakel, für die sich in Kürze niemand mehr interessieren dürfte. Unterhaltsamer aber war ohne Zweifel die EM-Partie Deutschland-Griechenland, die Merkel in Danzig gesehen hat.
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Selten war die Kluft zwischen Anspruch und Ertrag so breit wie bei „Rio+20“. Den 50.000 Teilnehmern ging es um nicht weniger als um „Die Zukunft, die wir wollen“,wie der Titel des Abschlussdokuments verspricht. Und mit „wir“ist tatsächlich jeder Erdenbürger gemeint. So vermessen wie dieses Ziel, so dürftig ist das Ergebnis ausgefallen: ein nichtssagender Katalog guter Vorsätze, eine abgehobene Blaupause für eine bessere Welt. Die in Rio versammelten Umweltaktivisten äußerten sich empört und warnen nun mit der üblichen Panik-Rhetorik vor der drohenden „globalen Katastrophe“.Auch das gehört längst zum Ritual solcher Veranstaltungen.
Man könnte den Nachhaltigkeitskarneval von Rio als lächerlich abtun. Aber er steht für die Schaumschlägerei in der internationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik, die mehr Schaden als Nutzen bringt. Denn Megakonferenzen wie „Rio+20“ gaukeln vor, die Welt kümmere sich um die drängenden globalen Probleme. Tatsächlich aber produzieren sie laufend unverbindliche und weltfremde Ziele sowie wohlfeile Beschlüsse und Erklärungen, an die sich niemand hält. Es gibt mittlerweile so viele internationale Umweltabkommen, dass das UN-Umweltprogramm unlängst von „Verstopfung“ gesprochen hat. Und die zivilgesellschaftlichen Organisationen beteiligen sich an dem Spiel: Monate haben sie auf Rio hin gefiebert und im Vorfeld einen beispiellosen Lärm betrieben. Dabei war spätestens seit Jahresbeginn klar, dass am Zuckerhut nicht mehr als heiße Luft herauskommen würde.
Diese Art folgenloser Umweltdiplomatie muss aufhören. Gefragt sind mehr Realismus und weniger Wunschdenken, mehr Mut zum Ausprobieren und weniger ideologische Scheuklappen, mehr regionale und lokale Lösungen und weniger globale Pläne. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, heißt es im Fußball. Das galt bisher auch in der von Gipfel zu Gipfel eilenden internationalen Umweltpolitik. Nach Rio sollte Schluss sein damit.
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