Debatte um Wirkungsmessung

Thomas Einberger/Brot für die Welt
Ein Mitarbeiter der Organisation Transformation Resource Center klärt die Bewohner eines Dorfes in Lesotho, deren Lebensbedingungen durch den Betrieb einer Diamantenmine beeinträchtigt sind, über ihre Rechte auf. Die Organisation wird vom evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt gefördert. Die Wirkung solcher Zusammenarbeit, die auf die Stärkung der Zivilgesellschaft zielt, lässt sich schwer in Zahlen messen.
Schweiz
Ein offizieller Bericht kritisiert die Schweizer Regierung für die Evaluationen von Entwicklungsprojekten. Dabei geht es vor allem um technische Aspekte. Hilfswerke plädieren hingegen für ein grundsätzliches Umdenken in der Wirkungsmessung.

Die Regierung belegt die Wirksamkeit der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz gegenüber dem Parlament mit Zahlen zu Erfolgen und Misserfolgen. Die Quote erfolgreicher Projekte liegt meist mit über 80 Prozent sehr hoch. Wie aber kommen diese Zahlen zustande? Das wollte die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S), der kleinen Parlamentskammer, wissen und beauftragte die Parlamentarische Verwaltungskontrolle damit, die Instrumente zu prüfen, mit denen die Wirkung von Projekten gemessen wird. Die Untersuchung nimmt Evaluationen aller drei Verwaltungseinheiten in der Internationalen Zusammenarbeit der Schweiz in den Blick: der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und des Amts für Frieden und Menschenrechte (Afm). 

Die GPK-S kommt in der Studie zwar zum Schluss, dass die Schweiz viele ihrer Ziele erreiche und nutzbringende Projekte durchführe. Die Kosten seien transparent und angemessen. Doch insgesamt würden die Projekte ungenügend evaluiert. So falle die Qualität der Evaluationen der drei untersuchten Institutionen unterschiedlich aus und es gebe keine einheitliche Methodik. Da die meisten Evaluationen während der Laufzeit der Projekte durchgeführt würden, sagten sie nichts über die Wirkung nach Projektende aus, also über die Nachhaltigkeit. Zudem nähmen sie kaum Bezug auf die übergeordneten Ziele der Internationalen Zusammenarbeit wie die Förderung der Demokratie oder den Schutz natürlicher Lebensgrundlagen. Der Bundesrat, die Regierung, müsse die Rechenschaftslegung für Parlament und Öffentlichkeit auf eine solidere Grundlage stellen.

Die Regierung hat Ende Februar eine Stellungnahme zu dem Bericht veröffentlicht, in dem sie ankündigt, einiges besser zu machen. So überarbeite die Deza zurzeit ihre Evaluationsleitlinien und wolle ihr Personal weiterbilden, um die Qualität von Evaluationen und die Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen zu verbessern. Außerdem habe die Deza ein digitales Datenmanagement eingeführt, um Projektziele einfacher nachzuverfolgen. Das Seco wiederum werde von einem unabhängigen Komitee unterstützt, die Empfehlungen des Berichts zu verwirklichen. In Zukunft planten die Deza und das Seco zudem, vermehrt abgeschlossene Projekte zu evaluieren, um bessere Aussagen zur Nachhaltigkeit machen zu können.

Einzelne Prüfungen ergeben kein Gesamtbild

Der Bundesrat verweist in seiner Stellungnahme jedoch auch auf Probleme der Wirkungsmessung von Auslandsprojekten. Es sei schwierig, aus der Prüfung von Projekten in sehr unterschiedlichen Kontexten ein Gesamtbild über die Wirkung der Internationalen Zusammenarbeit zu gewinnen. „Evaluationen eignen sich nur begrenzt als Mittel zur Rechenschaftslegung gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit, da jährlich nur eine bestimmte Anzahl von Projekten evaluiert wird und oftmals nur spezifische Aspekte angeschaut werden“, schreibt der Bundesrat.

Auf ähnliche Schwierigkeiten weist Alliance Sud hin, ein Zusammenschluss von sechs Schweizer Hilfswerken. „Um Wirkung zu entfalten, braucht es oft Zeit“, schreibt Kristina Lanz, Expertin für internationale Zusammenarbeit bei Alliance Sud, in einer Publikation zum Thema. „Gerade im Bereich der Rechtsstaatlichkeit oder der Stärkung der Zivilgesellschaft vor Ort – beides grundlegende Faktoren für eine nachhaltige Entwicklung – ist eine sofortige Wirkung nicht immer klar erreichbar“, so Lanz weiter. Darüber hinaus könne diese in Krisenzeiten schnell wieder zunichte gemacht werden, wie das Beispiel Afghanistan zeige.

Die aktuelle Praxis, „welche oft auf starren Bürokratien, Planungsinstrumenten und Evaluationen basiert“, sage wenig aus über den tatsächlichen Mehrwert der Internationalen Zusammenarbeit. Lanz plädiert für ein Umdenken: Nicht immer mehr Zahlen und Statistiken seien die Lösung, sondern mehr Flexibilität. Projekte und notfalls auch ihre Ziele sollten jederzeit angepasst werden können, wenn sich etwa der Kontext ändere. Dies setze ein kontinuierliches Monitoring voraus, das idealerweise von den Partnern vor Ort übernommen werden sollte, da diese am besten mit der Lage vor Ort vertraut seien. Lanz stimmt dem Bericht der GPK-S zu, dass zusätzliche Evaluationen nach Projektende sinnvoll seien, um festzustellen, ob die Ziele erreicht wurden.

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