Religionsführer schalten sich in den Konflikt in Manipur ein

Bei einer Demonstration am 26. Juli 2023 in Prayagraj (Manipur) protestieren Frauen mit Plakaten gegen sexuelle Gewalt und fordern Frieden für Manipur.
SANJAY KANOJIA/AFP via Getty Images
In dem ethnischen Konflikt zwischen der überwiegend hinduistischen Meitei-Mehrheit und den überwiegend christlichen Kuki in Indiens nordöstlichen Bundesstaat Manipur werden auch immer wieder Frauen Opfer von sexueller Gewalt. Bei einer Demonstration am 26. Juli 2023 in Prayagraj (Manipur) protestieren Frauen mit Plakaten gegen sexuelle Gewalt und fordern Frieden für Manipur.
Kirche und Ökumene
Seit Mai kommt es im indischen Bundesstaat Manipur immer wieder zu Gewalt zwischen verschiedenen Ethnien. Jetzt haben sich Religionsführer mit Vertretern der verfeindeten Gruppen getroffen. Einen kritischen Blick warfen sie dabei auf die Rolle der sozialen Medien.

Seit Anfang Mai geraten im ostindischen Bundesstaat Manipur immer wieder die ethnischen Gruppen der Kuki und der Meitei aneinander. Schätzungsweise 200 Menschen sollen bisher ums Leben gekommen sein. Die Zahl der Vertriebenen wird auf 60.000 geschätzt. Die Meitei sind Hindus und die Kuki vor allem Christen. Der Konflikt liegt aber eher in sozialen als in religiösen Unterschieden begründet. Die Meitei stellen mit 1,5 Millionen Mitgliedern gut die Hälfte der Bevölkerung in dem kleinen Bundesstaat. Sie leben zum Großteil in relativem Wohlstand im fruchtbaren Imphal-Tal. Die Kuki und andere ethnische Minderheiten dagegen leben im weniger gut zugänglichen Bergland.

Um benachteiligte indigene Minderheiten zu schützen, sieht die indische Verfassung für sie den Status der ethnischen Gruppe (scheduled tribe) vor. Gruppen wie die Kuki bekommen besondere staatliche Unterstützung, und der Schutz ihres Landes, ihrer Kultur, ihrer Sprache und ihrer Identität wird garantiert. 

Anfang Mai gab die Regionalregierung in Manipur bekannt, sie wolle bei der indischen Zentralregierung beantragen, die Meitei ebenfalls als ethnische Gruppe anzuerkennen. Damit bekämen die Meitei nicht nur Zugang zu der für benachteiligte Gruppen vorgesehene staatliche Unterstützung, sondern auch Zugriff auf das Land der Kuki und anderer ethnischer Minderheiten in Manipur. Die Kuki riefen daraufhin zu Demonstrationen auf, bei denen es zu gewaltsamen Zusammenstößen mit den Meitei kam. 

Der Internetzugang wurde eingeschränkt

Seither geraten die Volksgruppen immer wieder aneinander. Mittlerweile wurden Pufferzonen mit Kontrollpunkten zwischen den von Meitei und Kuki dominierten Gebieten eingerichtet. Keiner darf das Gebiet des jeweils anderen betreten. Auch wurde der Internetzugang eingeschränkt, um zu verhindern, dass Gewaltvideos die Runde machen und zu weiterer Gewalt anstacheln. 

Ende September hat das Interreligiöse Forum für Frieden und Harmonie in Manipur, das sich erst im Juni vor dem Hintergrund der Spannungen gegründet hat, die Führer der Kuki- und Meitei-Gemeinschaften zu einem Treffen im Nachbarstaat Assam eingeladen, um gemeinsam mit ihnen zu beraten, was es für einen dauerhaften Frieden in Manipur braucht. 

Das Forum, in dem Vertreterinnen und Vertreter des Hinduismus, des Buddhismus, verschiedener christlicher Konfessionen und des Islam arbeiten, rief die Konfliktparteien zur Mäßigung auf und forderte von ihnen, künftig in der Öffentlichkeit und in den Medien auf ihre Wortwahl zu achten und über Ereignisse sachlich und ohne Übertreibung zu sprechen. 

Außerdem forderte das Forum Friedensgespräche auf lokaler Ebene und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Gruppen. Es ermahnte, dass die medizinische Versorgung sowie die Transporte von Hilfsgütern auf keinen Fall behindert werden dürften. 

Soziale Medien nutzen, um Frieden zu fördern

Besonderes Augenmerk legten die Religionsvertreter auf die sozialen Medien, in denen Hass und Vorurteile immer wieder geschürt werden. Künftig sollten die Medien dazu genutzt werden, den Frieden zu fördern und zum Beispiel Unterschriftenkampagnen zu unterstützen, mit denen Druck auf die wichtigsten Akteure gemacht werden könne, einem Waffenstillstand und einem Ende der Gewalt zuzustimmen. Vereinbart wurde außerdem, dass die Führer der am Konflikt beteiligten Gruppen von Zeit zu Zeit online miteinander in Kontakt treten, bis ein direktes Treffen wieder möglich ist. Das interreligiöse Forum hofft, dass sich diesem Aufruf auch andere zivilgesellschaftliche Akteure anschließen. 

„Der Weg zum Frieden ist steil, schwierig und unwegsam“, sagte Thomas Menamparampil, emeritierter Erzbischof von Guwahati in Assam, der an der Spitze des Interreligiösen Forums für Manipur steht. In so sensiblen Zeiten seien gegenseitiger Respekt und Offenheit für den Dialog wichtiger denn je. Sorge bereite ihm die starke Militarisierung des Gebiets und vor allem der fehlende politische Wille, den Konflikt an der Wurzel zu packen.

Mittlerweile hat auch die Regierung von Manipur angekündigt, gegen all jene vorzugehen, die online Inhalte verbreiten, in denen ethnische Gewalt dargestellt wird. Die Bevölkerung solle provokative Inhalte der Polizei melden. Jeder, der die sozialen Medien nutze, um zu Gewalt und Hass aufzustacheln, werde strafrechtlich verfolgt. 

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