Für das Loch in der Pensionskasse gibt es verschiedene Gründe. Ausschlaggebend ist, dass die Zahl der Pensionsbezieher in den vergangenen Jahren gestiegen, die der aktiven Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aber, die in den Fonds einzahlen, stark gesunken ist. Seit den 1990er Jahren hat der ÖRK seinen Mitarbeiterstab von 350 auf 143 reduziert. Hinzu kommt, dass viele Pensionäre bei ihrem Abschied eine einmalige Auszahlung aus der Pensionskasse verlangt haben, was an die Substanz des Fonds gegangen ist. Einige Stimmen im ÖRK vermuten allerdings auch eine riskante Anlagepolitik als Ursache.
Der Fonds hat eine Mischform aus Kapitaldeckung und Umlageverfahren und wird von einer externen Gesellschaft verwaltet. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) hat den Weltkirchenrat aufgefordert, den Fonds langfristig wieder ins Gleichgewicht zu bringen. „Wir müssen und werden diese Krise lösen, andernfalls könnte sich die Krise des Fonds zu einer institutionellen Krise des gesamten Weltkirchenrates ausweiten“,sagte der seit 2010 amtierende ÖRK-Generalsekretär Olav Fykse Tveit.
Ein Darlehen kommt für den ÖRK nicht in Frage
Derzeit verhandelt der Weltkirchenrat über den Beitritt zu einem größeren Fonds, der auch die Pensionsrücklagen anderer nichtstaatlicher Organisationen verwaltet und Risiken besser absichern kann. Zuerst muss aber die Deckungslücke geschlossen werden. Der ÖRK verfügt jedoch über keine Reserven mehr. „Ein Darlehen in dieser Höhe aufzunehmen, ist zu riskant“, sagte Tveit.
Die Chefetage des ÖRK überlegt deswegen, Grundstücke und Immobilien zu verkaufen. Insbesondere das 35.000 Quadratmeter große Gelände in Genf, auf dem die ÖRK-Zentrale steht, ist derzeit im Gespräch. Angedacht ist, das Grundstück einem Investor zu überlassen, der dort ein großes Tagungszentrum errichtet, das der ÖRK dann als Mieter mitnutzen könnte. Von einem Verkauf betroffen wären auch andere Organisationen und Kirchenbünde wie die Konferenz Europäischer Kirchen, der Lutherische Weltbund sowie die Weltgemeinschaft reformierter Kirchen, die ebenfalls ihre Büros im Ökumenischen Zentrum haben. Sie alle befürchten, dass durch einen Eigentümerwechsel die Mieten, die derzeit unter dem marktüblichen Niveau liegen, steigen würden.
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Außer mit dem Loch in der Pensionskasse kämpft der 1948 gegründete Weltkirchenrat allerdings noch mit einem weiteren Finanzproblem: Die Mitgliederbeiträge sinken Jahr um Jahr. 2009 erhielt der ÖRK 5,6 Millionen Schweizer Franken an Beiträgen, 2010 waren es nur noch 5,1 Millionen. Zum einen hat dies mit Wechselkursverlusten zu tun. Die Leitwährung innerhalb des ÖRK ist der Schweizer Franken, der in Folge der Finanzkrise in Europa stark aufgewertet wurde. 95 Prozent der Beiträge erbringen aber Kirchen aus Europa und Nordamerika in Euro und Dollar.
„Wir können niemanden zwingen zu zahlen“
Zum anderen ist die Zahlungsmoral einiger Mitglieder schlecht. 2010 zahlten nur 230 der fast 349 Kirchen einen Beitrag. Beim ÖRK existiert zwar ein Schlüssel, nach dem die Höhe des jeweiligen Beitrags berechnet wird. Letztlich bestimmen die Kirchen aber selbst, ob und wie viel sie zahlen. Die russisch-orthodoxe Kirche beispielsweise vertritt nach eigenen Angaben 164 Millionen Gläubigen und verfügt über große Vermögenswerte. Sie gehört zu den großen und reichen Mitgliedskirchen. 2010 hat Moskau allerdings nur gut 10.000 Schweizer Franken nach Genf überwiesen. Die Evangelische Kirche in Deutschland dagegen wird dieses Jahr rund eine Million Franken zum ÖRKBudget beisteuern. „Wir können niemanden zwingen zu zahlen“,sagt der kurhessische Bischof Martin Hein, der Mitglied im ÖRK-Zentralausschuss ist. Aber Solidarität drücke sich auch bei den Finanzen aus. Der ÖRK wolle jedoch niemanden ausschließen.
Dass es in Deutschland Stimmen gibt, die die Abschaffung des ÖRK fordern, ist für den kurhessischen Bischof nicht nachzuvollziehen.„Wir brauchen eine Organisation wie den Weltkirchenrat dringender denn je“, sagt er. Auch wenn man den Erfolg der ÖRK-Arbeit nicht immer gleich sehen könne, so biete er doch globalisierte Strukturen und Kontakte, auf die die Kirchen heute angewiesen seien. „Auch die Vereinten Nationen haben immer wieder ein Legitimationsproblem. Keiner würde deswegen auf die Idee kommen, sie aufzulösen“, sagt Hein.
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