Jeder Kleingärtner kennt das: Der Nachbar hat sich schon wieder nicht um das Unkraut auf seinen Beeten gekümmert. Löwenzahn, wohin man schaut, mannshohe Brennnesseln überall. Und erst die verdammte Ackerwinde, die sich heimtückisch unterm Zaun durchschiebt. Ein Dschungel ist das doch da drüben! Und wenn der Nachbar nichts unternimmt, muss man halt selbst zur Tat schreiten und das Übel an der Wurzel packen. So sieht das auch Josep Borrell, so etwas wie der Außenminister der Europäischen Union, der den Kontinent in der Welt vertritt. Und die Welt da draußen ist ein Dschungel, hat Borrell unlängst in einer Rede an einer Akademie für europäische Nachwuchsdiplomaten gesagt, Europa hingegen ein gepflegter Garten.
So hoch kann kein Gartenzaun sein, um den Dschungel fernzuhalten, warnte Borrell, also müssen die europäischen Gärtner raus in den Dschungel, um dort aufzuräumen. Darin ist Europa ja geübt, das hat es jahrhundertelang bewiesen, dass es Ordnung schaffen kann im ungepflegten Herz der Finsternis. Wo die Horden biertrinkend im Liegestuhl liegen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, statt den Rasen ordentlich zu mähen und den Kompost umzuschichten, wie es sich gehört. Höchste Zeit also, dass Obergärtner Borrell dort mal wieder mit der Satzung des Kleingartenvereins vorbeischaut und nach dem Rechten sieht.
Er muss halt nur aufpassen, dass er sich im Dschungel nicht verirrt, während zu Hause sein eigener Garten verlottert. Denn ein paar seltsame Gewächse gibt es da schon auch, man denke etwa an den berüchtigten ungarischen Spaltpilz Orbán oder die in Italien heimische bittere Meloni. In Frankreich hätte sich beinahe eine Distel namens Le Pen im Élysée-Palast unkontrolliert ausgebreitet. Dieses Kraut hat niemand von außen eingeschleppt, das ist von ganz allein auf dem europäischen Mist gewachsen.
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