Seit 12 Jahren veröffentlicht die Denkfabrik Brookings in Washington zum Jahresbeginn ihren Bericht „Foresight Africa“, der jeweils auf das ausblickt, was in den kommenden 12 Monaten wichtig ist in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Kontinent. Wobei Bericht der falsche Begriff ist, da es sich jeweils um eine Sammlung von kürzeren Stellungnahmen, Analysen und Kommentaren handelt. Der Ausblick für dieses Jahr widmet sich sechs Themenfeldern: wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie, Gesundheitspolitik, die Rolle von Frauen und Mädchen, Klimawandel, technologische Innovationen und Afrikas Beziehungen zum Rest der Welt.
Die Mehrzahl der Autorinnen und Autoren arbeitet für internationale Organisationen, Forschungsinstitute oder Unternehmen. Was sie in ihren zwei bis vierseitigen Texten zu den sechs Themen zu sagen haben, ist meistens oberflächlich, wenig originell und liest sich nach dem Motto: Der oder die „müsste“ oder „sollte“ jetzt dies oder das tun, dann würde Afrika besser mit diesem oder jenem Problem fertig werden beziehungsweise größeren Nutzen aus dieser oder jener Entwicklung ziehen. Zwar ist erfreulich, dass die meisten Autorinnen und Autoren aus Afrika kommen, aber auch das ist keine Garantie für interessante Beiträge. Warum etwa haben die Herausgeber ausgerechnet Ellen Johnson-Sirleaf eingeladen, die frühere Präsidentin von Liberia, ihren gefühlt hundertfünfzigsten Text über das Potenzial von Afrikas Frauen zu Papier zu bringen?
Frauengewerkschaften im Sudan in den 50er Jahren
Immerhin, wer die die 126 Seiten geduldig durchblättert, stößt dann doch auf die eine oder andere Perle: Etwa auf das leidenschaftliche Plädoyer von Olusoji Adeyi von der Johns Hopkins School of Public Health, die Länder Afrikas sollten die Beschaffung und Bezahlung eines vielleicht bald zur Verfügung stehenden Impfstoffes gegen Malaria selbst in die Hand nehmen und nicht Hilfsinitiativen wie der Impfallianz GAVI überlassen. Oder auf die Erinnerung der Ethnologin Rogaia Abusharaf an die Gründung einer Frauengewerkschaft im Sudan im Jahre 1952, die gewissermaßen die Keimzelle aller weiteren von Frauen geführten Protestbewegungen im Sudan und auch im Südsudan war – bis hin zu den Protesten im vergangenen Jahr gegen die vom Militär kassierte Übergangsregierung in Khartum. Aufschlussreich ist auch die eine oder andere der sehr vielen Infografiken, etwa zur Finanzierung der Gesundheitsversorgung in afrikanischen Ländern oder zu den Preisen von Smartphones gemessen am Einkommen in Afrika im Vergleich zu anderen Weltregionen.
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