"Auch Indigene in den Blick nehmen"

Religionsfreiheit
Frank Schwabe möchte als Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit neue Akzente setzen. Aus dem Entwicklungsministerium will er sich für Indigene in Zentralamerika ebenso engagieren wie für verfolgte Christen weltweit und den Muezzin-Ruf an deutschen Moscheen.

Frank Schwabe (SPD) ist Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit
Herr Schwabe, was war Ihre erste Amtshandlung als Beauftragter für Religionsfreiheit?
Schwabe: Die war eigentlich schon vorher auf den ersten Blick eine organisatorische Frage, die mir aber auch inhaltlich wichtig war: Und zwar, dass das Amt jetzt Beauftragter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit heißt. Mit dem Zusatz Weltanschauungsfreiheit will ich deutlich machen, dass es einen umfassenden Ansatz gibt. Ich bin selbst evangelischer Christ, und das ist auch gut so und das ist mir auch wichtig. Aber es geht in dem Amt darum, sich umfassend für das Recht von Menschen einzusetzen, die Religion frei ausüben zu können oder eben auch nicht.

Wann wussten Sie, dass Sie Religionsfreiheitsbeauftragter werden?
Schwabe: Es gab Mitte Dezember eine von der Union beantragte Debatte im Bundestag mit der Forderung, das Amt des Religionsfreiheitsbeauftragten fortzuführen. In dem Zusammenhang hat mich Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) gefragt, ob ich mir das vorstellen kann. Ich bin ja einerseits durchaus erfahren in Sachen Menschenrechte durch meine Arbeit im zuständigen Bundestagsausschuss und ich habe einen persönlichen Zugang zu Religion. Vor vier Jahren war ich in den Koalitionsverhandlungen an der Schaffung des Amtes beteiligt. Eingebracht wurde es allerdings von der Union.

Sie versprechen eine „klare Antwort“ bei Verstößen gegen das Menschenrecht der Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Wo schauen Sie zuerst hin?
Schwabe: Ich gucke natürlich dahin, wo Christinnen und Christen verfolgt werden, das ist zahlenmäßig die größte Gruppe - in China und Vietnam beispielsweise. Aber ich will auch andere Akzente setzen, etwa mit der Lage der Indigenen. Das ist ein spannendes Feld, weil Indigene oft auch von christlichen Gruppen und Kirchen zum Beispiel in Lateinamerika jedenfalls teilweise unterdrückt werden. Sie sind in multipler Hinsicht bedroht: von anderen Religionsgemeinschaften, von einem Staat, der Wälder rodet und Minen betreibt, ohne auch nur zu verstehen, welch wichtige religiöse indigenen Traditionen da eine Rolle spielen. Meine erste Reise wird deshalb wahrscheinlich nach Zentralamerika gehen.

Sie haben zum Amtsantritt betont, dass Sie nicht im Sinne von Autoritäten arbeiten, dass jeder das Recht haben solle, zu einer anderen Religion zu konvertieren oder frei zu sein, keiner Religion anzugehören. In vielen Regionen der Welt gilt eine solche Aussage als Affront, sogar als gefährlich. Haben Sie eine Strategie, wie Sie in ein Gespräch mit konservativen Kräften gehen?
Schwabe: Ich denke, ich kann beides. Ich weiß wie Diplomatie funktioniert, aber ich kann auch Dinge deutlich beim Namen nennen. Und ich habe international oft menschenrechtlich heikle Themen angesprochen. In Tschetschenien hat schon die bloße Frage nach der Lage der LGBTIQ-Community dazu geführt, dass der Innenminister angewidert fast auf den Tisch gespuckt hätte. Weil er es vollkommen deplatziert fand, dass ich ihn danach frage. Aber am Ende bin ich trotzdem lebend wieder rausgekommen.

Was erreichen Sie dadurch?
Schwabe: In bestimmten Situationen geht es darum, einen klaren Satz zu sagen. Damit werde ich die Situation dort zwar nicht über Nacht ändern. Aber es gibt Menschen in dem Land, denen das wichtig ist. Wenn ich am Ende nach Hause fahren würde, ohne die Kritik auch klar formuliert zu haben, verstünden die Engagierten oder Unterdrückten das eher als Entmutigung. Es gibt aber auch Fälle, da kommt irgendwann der Moment, wo es nötig wird, diplomatisch zu sein. Um auch für die Herrschenden eine gesichtswahrende Lösung zu finden, damit jemand freikommt oder auch nur nicht totgepeitscht wird.

Sie sind evangelischer Christ. Inwiefern hat das einen Einfluss darauf, wie Sie ihr Amt ausfüllen?
Schwabe: Man könnte das Amt auch ohne eine Religionszugehörigkeit ausüben. Aber ich glaube, es hilft. In vielen Ländern geht es gar nicht darum, welcher Religion man angehört, sondern dass man Religion als etwas Wichtiges sieht, den nötigen Respekt für das Religiöse aufbringt und es nicht geringschätzt.

Sie wollen auch eine Stimme für Religionsfreiheit im Inland sein. Heißt das, Sie werden auch einschreiten, wenn es zum Beispiel Proteste gegen Moscheebauten oder den Muezzin-Ruf gibt?
Schwabe: Ich sehe mich nicht als denjenigen, der in Deutschland immer in die Debatte eingreift. Es geht mir aber darum, dass wir international unsere Stimme möglichst effizient und effektiv erheben können. Und das hat auch etwas damit zu tun, wie Debatten in Deutschland verlaufen. Wenn ich zum Beispiel gegenüber einem Land sage, ich hätte gerne, dass dort christliche Kirchen gebaut werden können, dann sagen die mir natürlich, in den meisten deutschen Städten darf der Muezzin auch nicht rufen. Insofern muss ich da konsistent sein und auch selber über manches nachdenken. In meinem Wahlkreis werden zum Beispiel auch Moscheen gebaut und da könnte so mancher Abgeordnete darauf kommen, zu sagen: Besser nicht, das bringt nur Ärger. Als Religionsfreiheitsbeauftragter muss ich aber sagen, es kann gar nicht anders sein, als dass wir das ermöglichen.

Das Gespräch führte Mey Dudin (epd)

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