„Global Gateway“ sei „der Fahrplan“ der Europäischen Union für Investitionen in die Infrastruktur weltweit, erklärte Kommissionschefin Ursula von der Leyen im Dezember. Es geht unter anderem um Schienen, Straßen, Häfen, Flughäfen und Logistikzentren, Energienetze und Datenübertragung. Dabei soll nicht nur gebaut, sondern auch die Angleichung von technischen, sozialen, Umwelt- und Wettbewerbsstandards gefördert werden. Global Gateway soll auch das Gesundheitswesen und Bildungssysteme in anderen Ländern verbessern, zum Beispiel in Afrika, Zentralasien und Lateinamerika.
Die EU betont die Werteorientierung der Initiative. Leitbilder wie Demokratie und Nachhaltigkeit prägen Global Gateway auf verschiedenen Ebenen. Die Initiative soll beweisen, dass Demokratien „liefern“, also die Probleme der Zeit angehen können. Auch sollen die Vorhaben selbst demokratisch ablaufen, mit gleichberechtigten Partnern, transparent und unter Achtung ihrer Rechte. Umweltpolitisch stellt sich Global Gateway als „klima-neutrale Strategie“ dar.
Global Gateway soll zwischen 2021 und 2027 bis zu 300 Milliarden Euro „mobilisieren“. Die meisten Projektankündigungen der Strategie bleiben allerdings allgemein. Nur ein kleinerer Teil des Geldes käme aus dem EU-Haushalt, das meiste sollen Institutionen wie die Europäische Investitionsbank und der Privatsektor beisteuern. Es werden für Global Gateway keine neuen Finanzinstrumente geschaffen oder Gelder in den langjährigen Haushalt eingestellt.
Die Mitgliedstaaten werden „konsultiert“ – wenn nötig
Kommissionspräsidentin von der Leyen schreibt sich die „Gesamtlenkung“ der Initiative zu. Ein neues Gremium soll sie strategisch begleiten, eine weitere Gruppe die Beteiligung des Privatsektors gewährleisten. Die Strategie etabliert aber keine neuen Vorschriften, formal handelt es sich lediglich um eine Mitteilung der Kommission und des Außenbeauftragten Josep Borrell. Die EU-Staaten und andere beteiligte Stellen werden wo nötig „durch die bestehenden Prozeduren“ konsultiert, erklärt eine Sprecherin.
Global Gateway scheint vor allem ein neuer politischer Rahmen für bereits bestehende oder geplante Vorhaben zu sein. Offenbar will sich die EU international prägnanter aufstellen und insbesondere China und dessen neuer Seidenstraße (Belt and Road Initiative) Paroli bieten. Global Gateway sei „eine echte Alternative“, sagte von der Leyen im Dezember.
Unter Politikern gab es Beifall für die neue Initiative. Der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer nannte sie „einen wichtigen Aufbruch“. Die CSU-Parlamentarierin Angelika Niebler kommentierte, Normen und Werte ließen sich am besten über „greifbare Projekte und den gegenseitigen Austausch“ exportieren. Dazu könne Global Gateway beitragen. Ihr Parteifreund Markus Ferber hingegen kritisierte: „Ein großer Teil des Geldes kommt aus bestehenden Programmen oder hängt von privaten Mitteln ab. Ein großer Wurf sieht anders aus. China wird nicht vor Angst erstarren.“
"Ausgewogene Partnerschaft" mit afrikanischen Ländern
Ähnlich äußerte sich San Bilal vom European Centre for Development Policy Management (ECDPM). „Der Vorschlag sieht eher wie ein schlaues Umetikettieren dessen aus, was die EU schon vorher geplant hatte.“ Wolle man mit China wetteifern, müssten neue Finanzierungsquellen erschlossen werden. Allerdings sei überhaupt nicht ausgemacht, dass der Wettbewerb mit China Europa wirklich etwas bringe, so Bilal. „Partnerschaftliche Ansätze, die sich an den Prioritäten der Partnerländer orientieren, und die gemeinsame Mobilisierung von Investitionen könnten ein besserer Weg voran sein.“
Fabien Tondel vom ECDPM verglich die europäischen Ambitionen mit Chinas bereits getätigten Investitionen in Afrika. Diese hätten nicht nur dem Zugang zu Bodenschätzen und Märkten für chinesische Industriegüter gedient, sondern auch einer umfassend ausgerichteten Außenpolitik der Volksrepublik. Investitionen in Schulen und Universitäten, Stadien, Kulturzentren und Glasfaserinternet hätten dazu beigetragen, Chinas Einfluss auf afrikanische Staaten und Eliten zu stärken, schreibt Tondel. Die EU hingegen könne Global Gateway für eine „ausgewogenere“ Partnerschaft nutzen. Dazu sollte sie unter anderem kleine und mittlere afrikanische Unternehmen sowie lokale Gemeinschaften daran beteiligen.
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