Ein wesentlicher Unterschied ist, dass wir möglichst viele Inhalte aus afrikanischen Ländern einbringen. Dabei geht es nicht nur um Antworten auf Fragen, sondern auch darum, welche Fragen wir stellen. Unsere Forschungsideen werden gemeinsam mit Partnern auf dem Kontinent entwickelt und umgesetzt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass wir auch die Öffentlichkeit und nicht nur die politischen Entscheidungsträger erreichen wollen. Wir wollen die Qualität der Debatte über Afrika in der deutschen Öffentlichkeit und in den Medien verbessern. Wir werden Podcasts machen, wir werden verschiedene Veranstaltungen durchführen und wir werden nach neuen und innovativen Wegen suchen, um mit der Öffentlichkeit in Kontakt zu treten. Wir wollen die Art und Weise, wie hier über Afrika gesprochen wird, wirklich verändern.
Wie nehmen Sie die öffentliche Debatte über Afrika in Deutschland wahr?
Mein Eindruck ist, dass sich die Debatten auf einige wenige Themen konzentrieren: Migration, Flüchtlinge, Sicherheit, starke Männer an der Macht und so weiter. All das gibt es natürlich und ich verstehe, wie wichtig diese Themen für die Menschen hier sind, aber es ist zu wenig. Wenn ich mir etwa die Berichterstattung über die Sahelzone ansehe, ist es, als gäbe es nur Frankreich, die EU, Regierungen und Terroristen. Aber die Menschen leben dort wie überall: Sie wachen morgens auf, sie gehen zur Arbeit, sie haben Kinder, sie heiraten. Was ist damit? Ich bin nicht auf der Suche nach guten Geschichten, sondern nach realistischen Geschichten. Solche umfassenden Geschichten tragen der politischen Ökonomie in Afrika Rechnung und können zu einer funktionierenden Politik führen.
Haben Sie den Eindruck, dass sich die Art und Weise verändert, wie hierzulande über Afrika gesprochen wird?
Sie hat sich zum Besseren gewandelt. Ich stelle fest, dass sowohl in den Medien als auch in der akademischen Welt viel differenzierter über Afrika diskutiert wird. Ich sehe mehr und mehr jüngere Professoren, die anders über Afrika denken und sich anders an der Wissensproduktion über Afrika beteiligen wollen. Vielleicht hat das mit den sozialen Medien zu tun und damit, wie wir heute Nachrichten konsumieren. Die Dinge verbreiten sich heute sehr schnell. Aber ich habe das Gefühl, dass wir uns immer noch durchwursteln; es kann noch besser werden. Ich schaue mir immer noch die Nachrichten an und frage mich: Warum bleiben sie hier stehen? Warum gehen sie nicht ein bisschen weiter und stellen tiefer gehende Fragen, die die Wirklichkeit widerspiegeln?
Ein neues Institut für Afrikapolitik
Das Africa Policy Research Institute ist seit Anfang des Jahres in Berlin tätig und wurde im Juni der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Idee stammt von Olumide Abimbola, der zuvor unter anderem ...
Was halten Sie von der deutschen Afrikapolitik?
Ich habe für eine deutsche staatliche Einrichtung gearbeitet und weiß, dass die politischen Entscheidungsträger bestrebt sind, die richtige Afrikapolitik zu betreiben. Hier kommt die Idee unseres Instituts ins Spiel, das politikrelevantes Wissen auf breiter Basis bereitstellt. Deutschland engagiert sich in Afrika in verschiedenen Politikbereichen. Wir wollen sicherstellen, dass sich das in den politischen Debatten in Berlin und in den Medien spiegelt. Ein Beispiel ist die Digitalisierung. Deutschland ist ein großer Geldgeber für den digitalen Wandel in Afrika. Ich möchte, dass darüber in der deutschen Öffentlichkeit und in deutschen Instituten stärker diskutiert wird. Auch dem Klimawandel wird viel politische Aufmerksamkeit zuteil, aber ich sehe nur wenig Beiträge zu diesem Thema aus der Perspektive der afrikanischen Länder. Sicherheit und Migration erhalten viel Aufmerksamkeit. Und das sollten sie auch, denn sie sind wichtig. Aber ich glaube, dass Deutschlands Interessen an und in Afrika über diese Themen hinausgehen. Deshalb sollten wir mehr über andere Themen diskutieren, die nicht so viel Raum einnehmen.
Sollten mehr Menschen afrikanischer Herkunft in deutschen Entwicklungsagenturen arbeiten?
Ja. Wir sprechen über den Wert der Diaspora, den Wert, beide Seiten sehen zu können und das Leben auf beiden Seiten genau zu kennen. Ich weiß, dass ich ganz anders in die Diskussion mit einem ghanaischen Entscheidungsträger gehen würde als ein Kollege ohne meinen Hintergrund. Das heißt natürlich nicht, dass wir nicht auch die Sichtweise von Menschen ohne afrikanischen Hintergrund brauchen. Wir brauchen verschiedene Perspektiven, aber Mitglieder der Diaspora bringen spezifische Sichtweisen und Kenntnisse mit ein. Diese Perspektive brauchen wir auf jeden Fall.
Wie sehen Sie die Beziehungen zwischen Europa und Deutschland und Afrika?
Meiner Meinung nach reifen sie. Auf der breiteren politischen Ebene zwischen der EU und Afrika haben beide Seiten ein besseres Verständnis für die Zwänge, die innerhalb der jeweiligen Lager bestehen. So gibt es zum Beispiel Interessen innerhalb der EU, die bei der Zusammenarbeit mit Afrika ausgeglichen werden müssen. Auch innerhalb Afrikas gibt es unterschiedliche Interessen, die berücksichtigt werden müssen, wenn Europa sich in Afrika engagiert. Ich glaube, das wird immer deutlicher. Beide Kontinente haben eine historische Beziehung, die sich nicht plötzlich oder dramatisch über Nacht ändern wird. Aber wenn die Dinge so weiterlaufen, wird es meiner Meinung nach immer besser werden. Der Punkt ist: Es könnte noch schneller besser werden.
Das Gespräch führte Tillmann Elliesen.
Eine sehr interessante
Eine sehr interessante Initiative, die zu begrüßen ist. Endlich mal wird Afrika unter einem anderen Blickwinkel wahrgenommen, einem Blickwinkel, der realitätsnah ist. Hoffentlich wird das Afrika Bild dieses neuen Think Tank anders als das Bild, das von Medien Mainstream stets produziert wird.
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