„Insgesamt sehr positiv“ nennt das Entwicklungsministerium (BMZ) die Bewertung des entwicklungspolitischen Freiwilligenprogramms, das die schwarzrote Bundesregierung 2007 ins Leben gerufen hatte und das nun erstmals von unabhängiger Seite (Unternehmensberatung Ramboll) evaluiert wurde. Die Prüfer haben indes auch Mängel ausgemacht: Nicht immer würden die Einsatzplätze der 18- bis 27-jährigen Freiwilligen sorgfältig genug ausgewählt; rund ein Drittel der ausländischen Partnerorganisationen wüssten die jungen Leute nicht sinnvoll einzusetzen. Insgesamt seien die Partner in den Entwicklungsländern zu wenig beteiligt an der Auswahl der Freiwilligen. Und entgegen der ursprünglichen Intention, auch Haupt- und Realschul-Absolventen die Möglichkeit einer Lernerfahrung in einem Entwicklungsland zu eröffnen, seien die jährlich rund 3800 entsendeten jungen Frauen und Männer fast ausschließlich Abiturienten.
Die Gutachter mahnen vor allem bei den Entsendediensten eine bessere Qualitätssicherung an. Laut Fachleuten wurde darauf in der Vergangenheit nicht ausreichend geachtet; das Anerkennungsverfahren des BMZ sei zu lasch gewesen. Zwischen den gut 200 anerkannten Diensten gibt es demnach große Unterschiede. Manche seien nicht willens oder fähig gewesen, geeignete Freiwillige zu finden; teilweise liefen Bewerbungsgespräche nur über Telefon oder E-Mail.
Teilweise sind die Entsender mit„weltwärts“ schlicht überfordert
Manche Dienste verzichteten zudem darauf, vor einer Entsendung den Einsatzplatz der Partnerorganisationen zu begutachten. Teilweise seien die Entsendedienste schlicht überfordert, was auch mit dem starken Anstieg der „weltwärts“-Entsendungen seit dem Start des Programms zu tun habe. Die Ramboll-Gutachter betonen denn auch, eine strengere Qualitätssicherung bei „weltwärts“ könne ein „Überdenken der qualitativen Ziele (Zahl der Entsendungen)“ zur Folge haben.
Eine neue staatlich und zivilgesellschaftlich besetzte Steuerungsgruppe soll in Zukunft für die angemahnte Qualitätssicherung sorgen. Bisher lag die Steuerung vornehmlich beim Deutschen Entwicklungsdienst (DED), der inzwischen in der staatlichen Hilfsorganisation Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) aufgegangen ist. Seit kurzem firmiert das „weltwärts“-Sekretariat bei der neu geschaffenen Servicestelle für bürgerschaftliches und kommunales Engagement in Bonn.
Die GIZ hat indes angekündigt, ihren Teil des „weltwärts“-Programms mit dem Jahrgang 2012/13 auslaufen zu lassen. Der Grund: Das BMZ übernimmt nicht mehr die Vollfinanzierung. Nichtstaatliche Entsender erhalten seit jeher nur einen 75-Prozent-Zuschuss. Den Ausstieg finden wiederum die zivilgesellschaftlichen Vertreter nicht so schlimm. Der staatliche DED, der bisher in großem Umfang selbst Freiwillige entsandt hat, sei überproportional stark gewesen, eine unliebsame Konkurrenz. Jetzt komme es darauf an, dass die nichtstaatlichen Dienste die entstehende Deckungslücke überzeugend schließen.
Auch die kirchlichen Dienste sehen Verbesserungsbedarf
Jürgen Deile, der beim Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) für „weltwärts“ zuständig ist, sagt, die Chancen stünden gut, dass die zivilgesellschaftlichen Organisationen mehr Gewicht gegenüber dem Entwicklungsministerium bekommen. Auch Deile sieht aber Verbesserungsbedarf: bei der Vorbereitung der Freiwilligen, der Koordination und Ertüchtigung der beteiligten Organisationen und bei der Betreuung und Weiterbeschäftigung von Rückkehrern. Schließlich soll „weltwärts“ auch im Inland die Einsicht in den guten Sinn von Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit fördern. Ähnlich sieht das Hans Nirschl von der katholischen Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH). Gerade die Kirchen seien gut vernetzt mit ihren Partnerorganisationen vor Ort – was nicht heiße, dass es nicht auch hier noch Verbesserungen geben könne.
Auch Jan Wenzel von der „weltwärts“-Servicestelle der Stiftung Nord-Süd-Brücken hofft auf eine gestärkte Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen. Für vordringlich hält er drei Dinge: bessere Vernetzung der Entsendeorganisationen, gute Vorbereitung der Partner und nicht zuletzt die Einführung von Reverse-Programmen, damit junge Leute aus den Partnerländern auch einmal in die entwicklungspolitische Arbeit hierzulande reinschauen können. Davon freilich will das Entwicklungsministerium nichts wissen.
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