Der Handel mit Holz aus dubiosen Quellen verursacht seit vielen Jahren schwere Probleme in vielen Ländern. Gleichzeitig werden immer größere Anstrengungen unternommen, ihn zu bekämpfen. Vietnam steht heute im Zentrum sowohl des illegalen Holzhandels als auch der Bemühungen, ihm entgegenzuwirken. Das Land hat nach achtjährigen Verhandlungen 2018 ein Handelsabkommen mit der Europäischen Union (EU) unterzeichnet, in dem es sich verpflichtet, kein illegal geschlagenes Holz nach Europa zu exportieren.
Die holzverarbeitende Industrie Vietnams hat sich im Laufe des vergangenen Jahrzehnts zur größten in Südostasien entwickelt; im Jahr 2020 haben ihre Exportumsätze 2,5 Milliarden US-Dollar erreicht. Und die vietnamesische Regierung hat noch ehrgeizigere Exportziele für die Branche formuliert: 20 Milliarden US-Dollar bis 2025. Das Land gilt inzwischen als Hauptstandort für die Herstellung von Möbeln mittlerer Qualität in Südostasien und ist in diesem Sektor zu einem bedeutenden Konkurrenten für China geworden. EU-Importeure halten die vietnamesische Möbelindustrie für technisch weiter als die in den meisten anderen asiatischen Produktionsländern. Sie hat zudem den Ruf, immer besser Erzeugnisse nach hohen europäischen und US-amerikanischen Standards und nach wechselnden Moden liefern zu können. Deutschland hat im Jahr 2020 für 120 Millionen US-Dollar Möbel aus Vietnam importiert.
Nachschub aus Holzplantagen
Das stetige Wachstum dieses exportorientierten Sektors macht einige Fragen dringlich. Neben der Sorge um Land- und Arbeitsrechte in Vietnam lautet eine: Wie kann das benötigte Holz auf legalem Weg bezogen werden?
Vietnams eigene natürliche Wälder sind bereits stark geschrumpft. Angesichts der Gefahr, dass sie völlig verschwinden, hat die Regierung 2014 verboten, in einem Großteil dieser Wälder Holz zu schlagen. Das Verbot wurde 2017 auf alle verbliebenen natürlichen Wälder ausgedehnt. Seither muss in Vietnam der gesamte Nachschub an gewerblichem Holz entweder aus Holzplantagen stammen oder aus Importen.
In Plantagen wachsen in Vietnam hauptsächlich schnell wachsende Baumarten, darunter Eukalyptus, Akazie, Pinie sowie einige Kautschukhölzer und heimische Baumarten. Das Angebot von Plantagenholz ist zudem stark aufgesplittert: 60 bis 70 Prozent stammen von Kleinerzeugern. Und das Plantagenholz besteht zu vier Fünfteln aus Stämmen mit geringem Durchmesser. Es ist nicht für hochwertige Möbel geeignet, sondern nur für Holzhackschnitzel, aus denen man anschließend mitteldichte Faserplatten machen kann. Daher ist Vietnam stark von Holzimporten abhängig, um den Bedarf für die expandierende Produktion von Exportmöbeln zu decken. Das gilt vor allem für Stämme mit großem Durchmesser sowie höherwertige und dekorative Holzarten von internationalen Anbietern.
Das Abholzungsverbot wird in Vietnam rigoros durchgesetzt, und das hat den illegalen Holzeinschlag im Land erheblich verringert. Die Versuche der Regierung, den Import von illegalem Holz zu kontrollieren, waren dagegen in der Vergangenheit eher halbherzig. Das gilt vor allem für den grenzüberschreitenden Holzhandel aus den Nachbarländern Laos und Kambodscha und nun auch für Einfuhren aus weiter entfernten Ländern wie Kamerun.
Die Volksrepublik Laos war zunächst eine bedeutende Quelle von Holz für die vietnamesische Industrie, und ein großer Teil davon stammte aus illegalem Einschlag. Laos hat mehrere Versuche unternommen, diesen und den illegalen Holzhandel zu beenden – unter anderem mit Exportverboten für Rundholz, also ganze Baumstämme. Das erste wurde 1999 verhängt, ergänzende Vorschriften folgten viermal bis 2016. Alle zielten darauf ab, den Export von Rundholz einzuschränken außer in „besonderen Fällen“.
Hochwertigen Holzarten droht die Ausrottung
Wann die vorliegen, bestimmen lokale Behörden. Und offenbar gab es viele besondere Fälle, denn es wurden weiterhin unverarbeitete Baumstämme von Laos nach Vietnam ausgeführt. Erst in jüngster Zeit sind die Mengen deutlich gesunken: Der Umfang dieses Rundholzhandels wuchs von 39 Millionen US-Dollar im Jahr 2010 auf über 160 Millionen im Jahr 2014 und sank dann bis 2019 stark auf etwa 600.000 US-Dollar. In derselben Zeit verlor Laos nach Schätzungen so viel unberührten Wald, wie der Fläche Zyperns und der Schweiz zusammen entspricht.
Die Folgen für die reiche Artenvielfalt in Laos sind einschneidend. Hochwertigen Holzarten wie Palisander droht im Land die Ausrottung. Im Wald lebende Arten von großen Säugetieren geraten unter ständigen Druck aufgrund von illegalem Wildtierhandel und weil ihr Lebensraum zunehmend zerstückelt wird oder verloren geht. So gelten in Laos Tiger als praktisch ausgestorben, und den Elefanten droht dasselbe traurige Schicksal. Zudem werden Gemeinschaften, die auf die Wälder von Laos angewiesen sind, zunehmend an den Rand gedrängt; die Politik achtet ihre traditionellen Lebensgrundlagen ebenso wenig wie ihre Menschenrechte. Laut dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen beziehen die ärmsten Familien in Laos immer noch neunzig Prozent ihres Einkommens aus anderen Waldprodukten als Holz, etwa Früchten.
Kambodscha geht gegen den illegalen Holzhandel vor
In Kambodscha war die Situation ähnlich. Wie in Laos ergriffen hier die Behörden Maßnahmen gegen illegalen Holzhandel. 1996 wurde ein Ausfuhrverbot für Rundholz eingeführt und 2016 ein Embargo auf alle Holzexporte nach Vietnam erlassen. Wie groß das Problem war, zeigt sich an der Tatsache, dass Vietnam 2018 trotz der Ausfuhrverbote Rundholz im Wert von über 7 Millionen US-Dollar und Holzprodukte im Wert von insgesamt mehr als 100 Millionen US-Dollar aus Kambodscha importierte.
Autoren
Thomas Chung
ist Campaigner bei der Environmental Investigation Agency in London. Die unabhängige Umweltorganisation macht unter anderem verdeckte Ermittlungen zu Verstößen gegen Umweltschutzvorschriften.David Gritten
ist ebenfalls als Campaigner bei der Environmental Investigation Agency in London tätig.Die Ausfuhr von illegalem Holz nach Vietnam hat auch in Kambodscha verheerende Folgen für Umwelt und Gesellschaft. Zwischen 2010 und 2019 hat das Land zum Beispiel so viel natürlichen Wald verloren, dass dessen Fläche grob der der Niederlande entspricht.
In den vergangenen Jahren ist die illegale Holzausfuhr von Laos und Kambodscha nach Vietnam deutlich zurückgegangen. Seitdem hat Vietnam weiter entfernt Ausschau nach Holzlieferanten gehalten – auch in Europa und Nordamerika. Ganz wesentlich ist aber Zentralafrika, wo der Handel mit illegal geschlagenem Holz Anlass zu wachsender Besorgnis gibt.
In Kamerun kann man das Ausmaß des illegalen Handels abschätzen, indem man die Menge der in Kamerun deklarierten Holzexporte Richtung Vietnam vergleicht mit der Menge an Holz, die Vietnam als Import aus Kamerun verzeichnet. In der Zeit von 2014 bis 2017 machte die Differenz insgesamt 308 Millionen US-Dollar aus. Mit anderen Worten: Holz für Millionen von Dollar hat Kamerun ohne eine Exportdeklaration Richtung Vietnam verlassen.
Händler missachten die Regeln
Genauere Untersuchungen haben ergeben: Händler, auch solche aus Vietnam, missachten Regeln, die Kameruns Wirtschaft stützen und seine Wälder schützen sollen. Ein Erlass des kamerunischen Premierministers enthielt 1999 ein partielles Verbot für Rundholzexporte. Die EIA schätzt, dass von Januar 2016 bis Juli 2020 mindestens 132.000 Kubikmeter Rundholz unter Missachtung dieses Verbots von Kamerun nach Vietnam exportiert wurden – genug, um fast 9000 Lastwagen zu füllen. Der Handel mit Holz aus illegalem Einschlag oder nicht nachhaltiger Bewirtschaftung hat nicht nur die Zerstörung von natürlichem Lebensraum zur Folge, sondern schädigt auch schwer die kamerunische Wirtschaft und die Steuereinnahmen.
Im Kern soll dieses System zur Sicherung der Legalität nachverfolgen, dass in der gesamten Holzlieferkette, von der Ernte im Wald bis zum in die EU verkauften Endprodukt, die nationalen Gesetze beachtet werden. Entscheidend ist: Dazu gehört auch, die Gesetze in einem anderen Land einzuhalten, in dem das Holz geschlagen wird – auch etwa Exportverbote für Rundholz und im Holzsektor geltende Arbeits- und Landrechte. Sobald das System funktionsfähig ist, darf Vietnam FLEGT-Lizenzen für den Export seiner Holzprodukte in die EU ausstellen, die von Brüssel automatisch als Legalitätsbeweis akzeptiert werden.
Aktionsplan aus Brüssel
Den Aktionsplan „Forest Law Enforcement, Governance and Trade“ (FLEGT) hat die Europäische Union, einer der größten Importeure von Holzprodukten, 2003 beschlossen. Sein Ziel ist, ...
Um das zu erreichen, ist erforderlich, dass Vietnams Regierung entschlossen Gesetzesreformen weiterführt, Informationen offenlegt und die Waldbewirtschaftung weiter verbessert. Auf dem Papier gibt es umfassende unabhängige Überwachungs- und Evaluierungsmechanismen, die das prüfen und an denen nicht nur Regierungsstellen beteiligt sind, sondern vor allem zivilgesellschaftliche Organisationen und andere in dem Sektor Tätige. Sollte Vietnam die zurzeit laufende, nach dem Partnerschaftsabkommen vorgeschriebene Prüfung seines Legalitätssystems bestehen, dann wäre es damit das zweite Land nach Indonesien. Dies würde dem vietnamesischen Holz und den Möbelexporten in die EU grünes Licht verschaffen: Die EU geht dann davon aus, dass die für die Produktion verwendeten Bäume alle aus legalem Einschlag stammen.
Die umfassende Reform des vietnamesischen Holzsektors ist für das Land ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung. Dennoch bleiben Vorbehalte angesichts der jüngeren Geschichte von illegalen Importen, an denen vietnamesische Firmen und Behörden beteiligt waren. Auch eine Analyse des vietnamesischen Legalitätssicherungssystems, die die EIA 2020 vorgenommen hat, begründet Bedenken darüber, wie die Behörden dafür sorgen wollen, dass die Lieferkette frei von illegalem Holz ist. Andere NGOs und die EU haben solche Bedenken ebenfalls.
Das System ist anfällig für Machtmissbrauch
Kontrollen von Holzimporten nach Vietnam stützen sich nicht auf beiliegende Zertifikate unter FLEGT oder unter dem Artenschutzabkommen CITES, die bestätigen, dass keine geschützten Baumarten in der Lieferung sind. Sondern nach dem vietnamesischen System wird bewertet, ob für die jeweilige Baumart oder für das jeweilige Herkunftsland das Risiko von illegalem Handel hoch ist. Das Kriterium der Länderbewertung ist ein dafür wenig geeigneter Index: der Weltbank-Index über die Qualität der gesamten Regierungsführung. Bei hohem Risiko muss der Importeur die Legalität mit zusätzlichen Papieren belegen, ehe die Sendung nach Vietnam eingeführt werden darf.
Ein System, das sich ganz auf Papiere verlässt, ist jedoch anfällig für Missbrauch – Dokumente kann man fälschen oder sich illegal oder in Komplizenschaft mit Behörden beschaffen. Dafür gibt es viele gut belegte Beispiele. Die für CITES zuständige vietnamesische Behörde hat etwa nachweislich ungültige Genehmigungen für siamesisches Rosenholz aus Kambodscha akzeptiert. Interessanterweise wird eben diese Behörde für das neue FLEGT-Genehmigungssystem verantwortlich sein. Daher müssen unabhängige Beteiligte in die Lage versetzt werden, die Überwacher zu überwachen, und das muss gesetzlich geregelt werden.
Zwar finden unabhängige Stimmen auch in Vietnam mittlerweile mehr Gehör, aber die Erfahrung hier ist doch deutlich anders bei der Umsetzung des Partnerschaftsabkommens in Indonesien: Dort wurde die Zivilgesellschaft seit Ende der Ära Suharto (1998) vom Staat viel stärker einbezogen. Für die hierarchisch strukturierte Zentralregierung von Vietnam mit ihrem misstrauischen Blick auf zivilgesellschaftliche Organisationen wird ein Prüfstein sein, ob sie auf allen Stufen der Lieferkettenkontrolle den Zugang für unabhängige Überwachung gewährleistet. Das ist für die Beseitigung von illegalem Holz aus der Lieferkette unerlässlich.
Aus dem Englischen von Juliane Gräbener-Müller.
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