Beschwerlicher Ausstieg

Boko Haram
Die Regierung Nigerias versucht, Kämpfer von Boko Haram mit Hilfe eines Aussteigerprogramms aus der Miliz zu lösen. Es gibt damit einzelne Erfolge, aber auch viele Probleme, sagt eine Studie.

Seit mehr als einem Jahrzehnt kämpft die nigerianische Armee gegen Boko Haram. Bisher ohne Erfolg: Immer noch kontrolliert die radikalislamische Miliz Gebiete im Norden Nigeria und verübt Anschläge. Dass ihr mit militärischen Mitteln allein nicht beizukommen ist, hat auch die Regierung Nigerias begriffen. Im Jahr 2016 hat sie deshalb ein Aussteigerprogramm (Operation Safe Corridor) gegründet, um Kämpfer von der Gruppe zu lösen. Der Ansatz ist gut, doch das Projekt verschenkt viel von seinem Potenzial, kritisiert eine Studie der Denkfabrik Crisis Group.

Das von internationalen Gebern unterstützte Projekt soll Kämpfer aus niedrigen Rängen ansprechen. In einem Lager im Bundesstaat Gombe durchlaufen sie ein sechsmonatiges Deradikalisierungsprogramm. Sie werden psychologisch betreut und können Bildungsangebote wahrnehmen, die sie auf ein ziviles Leben vorbereiten. Das funktioniere überwiegend gut, schreiben die Autoren. Von ihnen interviewte ehemalige Kämpfer schätzten das Angebot. Es habe maßgeblich dazu beigetragen, dass sie Boko Haram den Rücken kehren.

Zielgruppe verfehlt

Doch solche Erfolgsgeschichten können nicht über die großen Probleme hinwegtäuschen. Vor allem verfehlt das Programm der Studie zufolge seine Zielgruppe. Lediglich ein Viertel der insgesamt knapp tausend Teilnehmer seien ehemalige Kämpfer, schätzen die Autoren. Bei der Mehrheit handele es sich um Zivilisten, die vor Boko Haram geflohen sind. Das Militär halte sie häufig fälschlich für Kämpfer – unter anderem weil die Soldaten die Identität der Geflohenen kaum prüften. Zudem erpressten sie manchmal falsche Geständnisse.

Ein weiteres Problem sind die Hürden, die Ausstiegswillige überwinden müssen, um an dem Programm teilzunehmen. Kämpfer, die aussteigen möchten, müssen sich zunächst dem Militär ergeben. Dabei sind die Soldaten nicht zimperlich. Sie inhaftierten die Kämpfer meistens in der nächstgelegenen Militärbaracke. Dort würden sie bis zu ein Jahr festgehalten und manchmal auch gefoltert. Das schrecke potenzielle Aussteiger ab, warnen die Autoren.

Immerhin: Wenn das Programm erstmal durchlaufen ist, funktioniert die Reintegration der Studie zufolge gut. Den Ansatz halten die Autoren für vielversprechend. Damit Geber nicht abspringen, müsse aber sichergestellt werden, dass die Zielgruppe in Zukunft besser erreicht wird. Dafür müssten die Sicherheitskräfte besser darin geschult werden, zwischen Kämpfern und Zivilisten zu unterscheiden. Zudem müsse die Regierung sicherstellen, dass es auf dem Weg in das Aussteigerprogramm nicht zu Menschenrechtsverletzungen kommt.

 

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