"Die Bevölkerung ist unzufrieden"

Fracking in Namibia
Ein kanadisches Unternehmen will im Norden Namibias Öl aus Schieferschichten fördern. Darunter werden die Bewohner der Region leiden, warnt Andy Gheorghiu.

Andy Gheorghiu ist Umweltberater und engagiert sich für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung.
Das kanadische Unternehmen ReconAfrica plant Ölbohrungen in Namibia. Was hat das Unternehmen vor?
Die Firma will das sogenannte Kavango Basin im Norden des Landes erschließen und im Falle einer erfolgversprechenden Exploration mindestens 25 Jahre lang Öl vor allem aus Schieferschichten fördern. Hierfür hat das Unternehmen unter anderem Nick Steinsberger engagiert, der als „Vater des modernen Frackings“ bezeichnet wird.

Welche schädlichen Folgen für die Umwelt und die Bevölkerung im Projektgebiet sind zu befürchten?
Menschen, die in der Nähe von Bohrstellen leben, sind einem höheren Krankheitsrisiko ausgesetzt. Zudem befürchtet die Tourismusbranche, die ein Drittel des namibischen Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet, starke Verluste als Folge der Öl- und Gasförderung. Hinzu kommen die besonderen Risiken der Fracking-Technik, etwa das ungelöste Problem der Entsorgung von hochgiftigen Förderabwässern, Methanleckagen, ein sehr hoher Wasserverbrauch sowie das Risiko der Vergiftung von Böden, Fließgewässern und Gebieten zur Trinkwassergewinnung.

Hat die geplante Ölförderung irgendwelchen Nutzen für die namibische Bevölkerung?
Die Staatsfirma NAMCOR ist mit zehn Prozent an der Lizenz auf namibischer Seite beteiligt, allerdings rühmt ReconAfrica die extrem niedrige Förderabgabe in Höhe von nur fünf Prozent auf seine Einnahmen aus der Ölförderung. Mögliche neue Jobs vor Ort wird es wohl vor allem im Niedriglohnsektor geben, wie zum Beispiel für Schaufelarbeiten für das Ausheben von Lagergruben für giftige Förderabwässer. Untersuchungen in den USA zeigen allerdings, dass Arbeiter der Öl- und Gasförderung ebenso wie die Bevölkerung vor Ort einem höheren Krankheitsrisiko ausgesetzt sind.

Wurde die lokale Bevölkerung in die Entscheidungsfindung zugunsten der Probebohrungen eingebunden?
Die Firma und die namibische Regierung behaupten das, die Bevölkerung und Umweltverbände vor Ort können das allerdings nicht bestätigen. Das Gegenteil ist der Fall und die lokale Bevölkerung ist zunehmend unzufrieden mit den jetzt schon deutlichen Auswirkungen der Exploration.

Welche Aussichten bestehen, die Bohrungen noch zu stoppen?
Mit Saving Okavango’s Unique Life (SOUL) hat sich ein Bündnis aus lokalen und internationalen indigenen Gemeinschaften, Aktivistinnen, Umweltverbänden, Wissenschaftlern, Journalistinnen, Künstlern und Glaubensgemeinschaften geformt, das vehement gegen weitere Bohrungen kämpfen wird. Es wird zwar eine Weile dauern, aber wir sind der festen Überzeugung, dass wir gemeinsam die Öl- und Gasförderung in dieser ökologisch einzigartigen Region verhindern werden.

Die Fragen stellte Tillmann Elliesen.
 

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