Die tansanische Regierung gehört zu den großen Corona-Leugnern dieser Welt. Seit Beginn der Pandemie vor einem Jahr hatte der nun verstorbene Präsident John Magufuli das Virus als eine Erfindung ausländischer Kräfte dargestellt, die Tansania seiner Reichtümer berauben wollten. Vergangenen Mittwoch (17. März) verstarb der 61-jährige Präsident nun in einem Krankenhaus in Daressalam. Laut seiner Vizepräsidentin Samia Suluhu Hassen erlag er einer Herzerkrankung. Zuvor hatten Gerüchte die Runde gemacht, Magufuli sei selbst an Corona erkrankt.
Magufuli hatte die Gefahr des Coronavirus stets heruntergespielt. Folglich wurden keine Abstandsregeln eingeführt und das Tragen von Masken verboten. Wer sich vor Corona schützen wolle, solle der einheimischen Medizin und Gott vertrauen, hatte Magufuli wiederholt erklärt und empfahl wahlweise Weihrauch oder Kräuterdämpfe. Im Frühjahr 2020 hatte Magufuli, der selbst zu einer charismatischen Freikirche gehörte, die Bevölkerung durch einen dreitägigen Gebetsmarathon gegen das Virus geführt und daraufhin das Land als coronafrei erklärt. Offizielle Zahlen werden seither nicht mehr veröffentlicht und das Reden über Corona war selbst Ärzten heillos überfüllter Krankenhäuser verboten, in denen die Menschen an sogenannten Lungenerkrankungen starben. Wer es trotzdem tat, galt als oppositionsnah, was im autokratisch geführten Tansania gefährlich werden kann.
Masken nur aus tansanischer Herstellung
Mit ihrer Haltung hatte die tansanische Regierung die Kirchen in die Bredouille gebracht. Einerseits konnten sie nicht anders, als die Aufrufe zum Gebet gegen das Virus zu unterstützen. Zum Maskentragen in Gottesdiensten oder bei anderen kirchlichen Veranstaltungen aber durften sie lange Zeit nicht aufrufen. Erst als die Zahl der Corona-Toten stark zunahm und selbst hohe Regierungsbeamte und Militärangehörige unerwartet starben, räumte Magufuli Ende Januar ein, dass das Land vielleicht doch ein Corona-Problem haben könnte. Die Menschen sollten aber weiterhin auf Gott vertrauen und nur Masken aus tansanischer Herstellung tragen.
Die Kirchen im Land wagten sich Ende Januar aus der Deckung. Die durch das Virus ausgelöste Krankheit Covid-19 habe das Leben der gesamten Welt grundlegend verändert, schrieb der leitende Bischof der Evangelischen Lutherischen Kirche in Tansania (ELCT), Frederick Shoo, in einem Hirtenbrief. Die Kirche habe sicherzustellen, dass alle Menschen in dieser Zeit Wissen und verlässliche Nachrichten erhalten. Er bitte darum, alle Ratschläge der Gesundheitsexperten zu befolgen. „Vorsichtsmaßnahmen sind unsere Pflicht, sie sind nicht das Gegenteil unseres Glaubens und auch nicht sündhaft oder kriminell“, heißt es in dem Brief, der in allen Gemeinden verlesen wurde. Sie zu missachten, sei vielmehr gleichbedeutend damit, Gott zu versuchen, schrieb Shoo. Mit mehr als acht Millionen Mitgliedern gehört die ELCT zu den größeren Kirchen in Tansania.
Auch die Katholische Kirche meldet sich zu Wort
Auch die Katholische Kirche, der mehr als zwölf Millionen der knapp 60 Millionen Tansanier angehören, meldete sich zu diesem Zeitpunkt zu Wort. Angesichts der steigenden Fallzahlen in Afrika sei es unbedingt nötig, sich durch das Tragen von Masken und Hygienemaßnahmen vor einer Infektion zu schützen, schrieb Bischof Gervas John Mwasikwabhila Nyaisonga in einem Brief an die Diözesen. Anfang März warnte der Vorsitzende der tansanischen Bischofskonferenz erneut vor einer starken Verbreitung des Coronavirus im Land. Allein in den ersten beiden Monaten des Jahres 2021 seien 25 Priester und 60 Nonnen gestorben, nachdem sie Corona-Symptome gezeigt hatten.
Zwar tragen mittlerweile immer mehr Menschen in Tansania auch auf der Straße Masken. Das Land hat aber noch keine Bestellungen bei der Covax-Initiative aufgegeben, mit der die Weltgesundheitsorganisation Corona-Impfungen in armen Ländern ermöglichen will. Ende Januar hatte der nun verstorbene Magufuli noch angekündigt, die oberste Gesundheitsbehörde werde die im Westen entwickelten Impfstoffe nicht genehmigen. Die Vakzine hatte er als eine weitere Falle der westlichen Welt bezeichnet und behauptet, dass sie unfruchtbar machen könnten.
Mit dieser Politik stellte Magufuli die bis zu 24 Millionen tansanischen Muslime vor ein besonderes Problem. So hat Saudi-Arabien verkündet, dass zur diesjährigen Pilgerfahrt im Juli nach Mekka nur Geimpfte kommen dürfen. Zumindest in diesem Jahr können die Muslime im Land deshalb nicht ihrer religiösen Pflicht nachkommen, wenigstens einmal im Leben in der Kaaba in Mekka zu beten. Der Oberste Rat der Muslime in Tansania, der sich sonst mit offiziellen Erklärungen eher zurückhält, rief Anfang März die Gläubigen umgehend auf, Ruhe zu bewahren und abzuwarten. Der Generalsekretär des Obersten Muslimrats hat derweil ankündigt, mit Saudi-Arabien im Austausch zu stehen. „Wir warten auf eine Antwort. Unter normalen Umständen würden wir mit den Vorbereitungen für die Pilgerfahrt jetzt beginnen“, sagte Nuhu Mruma.
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