In seinem Wahlkampf hat der künftige US-Präsident Joe Biden betont, dass öffentliche Gesundheit und der Kampf gegen Covid-19 für ihn Priorität haben – in den USA ebenso wie global. Was bedeutet das für die künftige Entwicklungspolitik der USA?
Anders als Donald Trump setzt Biden bei seinen Beratern mehr auf Fachwissen als auf persönliche Loyalität, auch in der Entwicklungspolitik. So hat er gerade den renommierten Wissenschaftler Jeremy Konyndynk vom Center for Global Development in seinen Pandemierat berufen. Auch sieht Biden die USA als internationalen Akteur, der im Idealfall nicht im Alleingang wirkt, sondern sich mit anderen Staaten abstimmt, um Dinge wie die globale Gesundheitskrise oder den Klimawandel anzugehen. Dazu will Biden den WHO-Austritt der USA rückgängig machen und auch wieder stärker mit anderen multilateralen Institutionen wie der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds zusammenarbeiten.
Was werden die wesentlichen Unterschiede zur Entwicklungspolitik von Trump sein?
Trump wusste als Präsident lange Zeit überhaupt nicht, was die United States Agency for International Development (USAID) ist. Entwicklungspolitik interessierte ihn nicht. Er sah sich als Geschäftsmann; die Experten, mit denen er sich umgab, kamen aus der Wirtschaft oder aus dem Militär. Joe Biden versteht sich dagegen als Politiker, dem internationale Politik wichtig ist und der Kooperation schätzt.
Wird Biden die Politik der Obama-Regierung fortsetzen, der er als Vizepräsident angehörte?
Nicht ganz. Er scheint mir insgesamt stärker sicherheitspolitisch orientiert zu sein als Obama, der sich entwicklungspolitisch mehr mit Public-Private Partnerships, Technologie und Innovationen beschäftigt hat. Und im Gegensatz zu Obama, der damals viele junge, hochqualifizierte Akademiker in sein Team holte, scheint Biden eher auf ältere, erfahrenere Berater zu setzen wie den ehemaligen stellvertretenden Außenminister Antony Blinken.
Welche neuen Schritte in der Entwicklungspolitik erwarten Sie?
Zunächst einmal gar keine. Vorerst wird es darum gehen, all das zu reparieren, was in den vergangenen vier Jahren zu Bruch gegangen ist: internationale Beziehungen wieder aufzubauen, Expertenwissen zurück in die Politik zu holen, Vertrauen in Kooperation zu stärken.
Eine der ersten Amtshandlungen von Trump war, international tätigen Gesundheitsorganisationen die Mittel zu streichen, wenn sie Abtreibung nicht per se ausschließen. Wird Biden das rückgängig machen?
Familienplanung zählte bislang zur Entwicklungspolitik der Demokraten, auch der sichere Zugang zu ärztlichen Abtreibungen. Ich denke deshalb, Biden wird Trumps Entscheidung rückgängig machen.
Das Gespräch führte Barbara Erbe.
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