Berlin - Die Bundesregierung hat die Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge von der griechischen Insel Lesbos signalisiert. Nach dem Brand des Flüchtlingscamps Moria sei eine "einmalige Notsituation" entstanden, sagte der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert, am Montag in Berlin. Er bestätigte, dass innerhalb der Bundesregierung Beratungen über die Aufnahme weiterer Flüchtlinge laufen. Die SPD hatte darauf gedrungen, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Die CDU gab dem Drängen am Montag schließlich nach.
"Wenn es neben den bisher verkündeten Maßnahmen zu der ersten Aufnahme von Menschen in der Bundesrepublik aus Moria weiterer Anstrengungen bedürfen sollte, um unsere griechischen Partner zu entlasten, dann ist die CDU der Auffassung, dass Deutschland diese einmalige Kraftanstrengung unternehmen sollte", sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nach einer Sitzung des Parteipräsidiums am Montag in Berlin. Dies müsse in Absprache mit weiteren europäischen Staaten geschehen, ergänzte er.
Innenministerium will sich vor Ort einen Überblick verschaffen
Am Freitag hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mitgeteilt, dass insgesamt zehn europäische Staaten 400 unbegleitete Minderjährige aus Moria aufnehmen wollen, die nach dem Brand des Camps kein Obdach mehr haben. 100 bis 150 davon wird nach seinen Worten Deutschland aufnehmen. Angesichts von mehr als 12.000 vom Brand in Moria betroffenen Menschen sorgte die im Verhältnis niedrige Zahl für viel Kritik. Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken forderte, eine vierstellige Anzahl von Menschen aus Griechenland nach Deutschland zu holen.
Zudem forderte die SPD eine Entscheidung innerhalb von zwei Tagen, also bis zur Sitzung des Bundeskabinetts am Mittwoch. Regierungssprecher Seibert äußerte sich nicht zur Größenordnung einer möglichen weiteren Aufnahme und der Dauer der Gespräche, sprach aber von einer baldigen Entscheidung. Er verwies darauf, dass auch Seehofer bereits am Freitag in Aussicht gestellt hatte, nach einer Aufnahme von Minderjährigen auch Familien mit Kindern nach Deutschland zu holen. Dazu soll sich eine Delegation des Bundesinnenministeriums zunächst ein Bild von der Lage vor Ort machen, um bestimmen zu können, wie viele Familien unter den vom Brand betroffenen Schutzsuchenden sind.
Bundesländer fordern Krisengipfel
Seibert begrüßte im Namen der Kanzlerin zudem die Idee der EU-Kommission, die ein geplantes neues Flüchtlingszentrum auf Lesbos mitverantworten will. Bislang sind die Lager allein Sache der Griechen. Dies sei ein richtiger Schritt in Richtung Europäisierung, sagte Seibert. Die EU-Staaten ringen seit Jahren um eine Reform und bessere Verantwortungsteilung in der Flüchtlingspolitik. Nach dem Brand in Moria hatte die Bundesregierung unterstrichen, dass Fortschritte nun dringend gebraucht würden.
Innenpolitisch machen derweil die Bundesländer Berlin und Thüringen weiter Druck auf die Bundesregierung. Beide Länder forderten am Montag einen Krisengipfel, um auszuloten, welche Länder und Kommunen in Deutschland bereit sind, Flüchtlinge aus Deutschland aufzunehmen.
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) wollte am Montagabend selbst nach Athen reisen, um über die Aufnahme zu beraten. Beide Länder wollten neben dem Aufnahmeprogramm des Bundes eigene Programme zur Aufnahme Schutzsuchender aus Griechenland auflegen. Seehofer hatte dazu aber seine Zustimmung verweigert und signalisierte, dass er dabei auch bleiben will. Ein Sprecher des Ministers sagte, dem Innensenator sei es unbenommen, die Reise nach Griechenland zu machen. Es sei aber letztlich eine Entscheidung des Bundes, Gespräche über konkrete Aufnahmen zu führen.
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