Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) ist ein echter Menschenfreund. Er weiß aber auch, dass man es den Leuten nicht zu gemütlich machen darf. Zelte und Decken hat er den 13.000 Flüchtlingen versprochen, die nach dem Brand des Lagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos umherirren. Er hält aber gar nichts davon, die Geflüchteten auf die EU-Mitgliedsstaaten zu verteilen. Wenn man jetzt evakuiere, sei das Lager nach ein paar Monaten ohnehin wieder voll, sagte der einer Adelsfamilie entstammende Politiker im österreichischen Fernsehen. „Wenn wir die Hoffnung geben, dass es geht, werden sich auch andere auf den Weg machen.“
Die Warnung ist berechtigt. Denn längst hat sich in Ländern wie Libyen, Afghanistan und Syrien herumgesprochen, wie schön es auf Lesbos ist. Frei nach Schallenberg nennen Flüchtlinge das Eiland schon „Insel der Hoffnung“. Der Traum vom Leben in Moria – für Zehntausende könnte er sich endlich erfüllen, wenn das Lager geräumt wird. „Ich stehe schon ewig auf der Warteliste für einen Platz“, sagt die Afghanin Samira O. aufgeregt. „Mein Schlepper hat gesagt, jetzt könnte es endlich klappen.“ Ja, irgendwann würde O. gerne nach Deutschland, Schweden oder Österreich weiterziehen. „Aber das eilt nicht“, sagt sie vergnügt: „Ich war als Kind schon gerne zelten.“
Die Touristikbranche hofft ebenfalls, dass das Lager evakuiert wird und Platz für neue Gäste frei wird. Nach den finanziellen Einbußen während der Coronakrise könnte der Transfer von neuen Schutzsuchenden aus aller Welt die Branche retten. Motto: Lieber mit der MS Europa zu den Traumstränden von Lesbos kreuzen, als mit der Sea Watch 4 ziellos auf dem Mittelmeer dümpeln. Auch Abenteuertouristen haben schon nach Tickets gefragt. Zwischen Müllbergen, Ratten und randalierenden Neonazis hoffen sie in Moria das besondere Etwas zu finden.
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