Berlin/London - Nach der Niederschlagung der Massenproteste im Iran im November vergangenen Jahres sind festgenommene Demonstranten nach Recherchen von Amnesty International vielfach misshandelt und gefoltert worden. Polizei und andere Sicherheitskräfte, Geheimdienst- und Gefängnismitarbeiter hätten "schockierende Menschenrechtsverletzungen" begangen, teils in Mitverantwortung von Richtern und Staatsanwaltschaft, erklärt Amnesty in einem am Mittwoch vorgestellten Bericht.
Darin dokumentiert die Menschenrechtsorganisation Schicksale Dutzender Demonstranten und Beobachter, die berichten, wie sie unter Gewalteinsatz festgenommen, von der Außenwelt abgeschnitten und ohne Kontakt zu einem Anwalt festgehalten wurden. Dabei wurden viele den Recherchen zufolge wiederholt gefoltert, um Geständnisse aus ihnen herauszupressen.
"Zutiefst ungerechte Verfahren" hinter verschlossenen Türen
Insgesamt seien rund 7.000 Männer, Frauen und auch Kinder innerhalb weniger Tage festgenommen worden. Als Opfer von Menschenrechtsverletzungen führt der Bericht mit dem Titel "Trampling humanity" ("Die Menschlichkeit mit Füßen treten") auch Kinder auf, die gerade einmal zehn Jahre alt waren, sowie Verletzte, die in Krankenhäusern festgenommen worden seien, als sie dort Hilfe suchten. Auch bei Gedenkveranstaltungen für diejenigen, die bei den Protesten ums Leben kamen, seien Menschen festgenommen worden.
Seitdem seien Hunderte zu Haftstrafen oder Auspeitschungen verurteilt worden, einige sogar zum Tode, erklärt Amnesty. Vorausgegangen seien dabei "zutiefst ungerechte Verfahren" hinter verschlossenen Türen und unter Vorsitz voreingenommener Richter. Sie hätten oft weniger als eine Stunde gedauert und sich systematisch auf angebliche Geständnisse gestützt, die auch unter Folter zustande kamen.
Auf eine Freilassung der Gefangenen drängen
"In den Tagen nach den Massenprotesten sorgten Videos von iranischen Sicherheitskräften, die unbewaffnete Demonstranten und Beobachter absichtlich töteten und verletzten, weltweit für Schockwellen", sagte Diana Eltahawy, Amnesty-Vizedirektorin für den Nahen Osten. "Viel weniger sichtbar war der Katalog der Grausamkeiten, den iranische Behördenvertreter Gefangenen und ihren Familien fern vom Auge der Öffentlichkeit haben angedeihen lassen."
Amnesty International ruft die Weltgemeinschaft auf, anhaltende Menschenrechtsverletzungen im Iran auf die Tagesordnung zu setzen und die Aufklärung und Rechenschaft für die Verstöße voranzutreiben. Alle UN-Mitgliedsländer müssten außerdem bei der Regierung in Teheran nachdrücklich auf eine Freilassung aller dringen, die bei den Protesten festgenommen wurden, weil sie ihr Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Anspruch genommen hätten, fordert die Menschenrechtsorganisation. Alle Verurteilungen aufgrund unfairer Verfahren müssen aufgehoben werden.
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