Bis zu 12 Prozent der Hilfe kommen nicht an

Wenn die Europäische Union Entwicklungshilfe überweist, könnten davon zwischen drei und sechs Milliarden Euro eingespart werden, ohne an Wirkung einzubüßen. Dieser Betrag versickert bisher in den Institutionen der EU und der einzelnen Mitgliedsländer. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie über die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe der EU und ihrer Mitglieder.

Im vergangenen Jahr hat die EU insgesamt 49 Milliarden Euro gezahlt und damit sechzig Prozent der weltweiten Entwicklungshilfe geleistet: „Wir haben die Wahl, sechzig Prozent des Problems oder sechzig Prozent der Lösung zu sein“, sagte EU-Entwicklungskommissar Karel de Gucht bei der Vorstellung der Studie anlässlich der „Europäischen Entwicklungstage“ in Stockholm Ende Oktober. Die Studie – laut de Gucht die erste unabhängige ihrer Art – belegt, was Kritiker am EU-Einsatz schon lange bemängeln: dass Teile der von den Mitgliedstaaten geleisteten öffentlichen Entwicklungshilfe gar nicht bei Bedürftigen ankommen. Laut den Berechnungen der Autoren handelt es sich immerhin um einen Anteil zwischen 6 und 12 Prozent der gesamten bi- und multilateralen Hilfe aus Europa.

Die Studie zeigt aber auch, was besser werden muss. Grundsätzlich fordern die Autoren eine bessere Zusammenarbeit unter den Gebern. Manche Entwicklungsländer bekämen von 15 EU-Staaten Geld. Das fördere bei Gebern und Empfängern der Hilfe Planungs- und Koordinierungsprobleme. Ein weiteres Problem ist laut der Studie die Aufsplitterung der Hilfe aus Europa in inzwischen über 40.000 Einzelprojekte. 2003 waren es erst 30.000. Laut der Studie könnten jährlich zwischen 200 und 500 Millionen Euro gespart werden, wenn Projekte zusammengefasst und die Geber und Entwicklungsagenturen sich besser untereinander absprechen würden.

Bei den Genehmigungsverfahren – derzeit circa 22.000 im Jahr, von denen jedes 90.000 bis 140.000 Euro kostet – sieht die Studie zusätzliches Einsparpotential von bis zu 2 Milliarden Euro. Zudem fehlten längerfristige Zusagen für die Auszahlung von Hilfsgeldern, kritisieren die Autoren: Mit für die Empfänger verlässlichen Fünfjahresplänen könnte der Wert der Hilfe um insgesamt zwischen zehn und zwanzig Millionen Euro pro Land gesteigert werden.

Fazit der Studie: Die europäischen Geber müssen sich besser untereinander absprechen und mehr zusammenarbeiten – so wie es der Europäische Verhaltenskodex zur Arbeitsteilung in der Entwicklungspolitik aus dem Jahr 2007 vorsieht. Demnach sollen sich die Geber auf drei Sektoren pro Land beschränken und in keinem Sektor sollen sich gleichzeitig mehr als fünf Geber engagieren. Die Milliardenbeträge, die durch eine solche Arbeitsteilung eingespart würden, könnten dann „in effizientere Hilfe mit konkreten Ergebnissen“ investiert werden, sagte Entwicklungskommissar de Gucht. Und: Er sei „überzeugt, dass die EU dann einen wirklichen Wandel herbeiführen kann“. (Benjamin Dürr)

 

erschienen in Ausgabe 12 / 2009: Klimawandel: Warten auf die Katastrophe
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