Den ersten Rang auf der vom internationalen „Netzwerk Steuergerechtigkeit“ (Tax Justice Network) vorgelegten Liste nimmt der winzige US-Bundesstaat Delaware ein. Doch dann folgen Luxemburg, die Schweiz, Großbritannien, Irland und – mit einigem Abstand – Belgien, Österreich, die Niederlande und eine Reihe anderer europäischer Staaten. Weltweit zählt der Schattenfinanzindex (Financial Secrecy Index, FSI) 60 Steueroasen.
„Es geht keineswegs nur um die karibischen Inseln und die üblichen Verdächtigen“, sagte Markus Meinzer vom internationalen Tax Justice Network bei der Vorstellung des Schattenfinanzindex in Berlin. Laut der Weltbank beläuft sich die Gesamtsumme illegaler Finanzströme auf 1000 bis 1600 Milliarden Dollar jährlich. Dem müsse im Zuge der gegenwärtigen Bemühungen um eine Neuordnung des Weltfinanzsystems ein Riegel vorgeschoben werden, forderten in Berlin unisono Vertreter des Netzwerks von Misereor, terre des hommes, dem Deutschen Gewerkschaftsbund, dem Global Policy Forum, attac und Transparency International – nicht zuletzt um Schaden von den Entwicklungsländern abzuwenden. Den armen Ländern gehe durch Korruption und raffgierige Diktatoren sowie „aggressive Steuervermeidungspraktiken“ international tätiger Wirtschaftsunternehmen viel Geld verloren.
Der Schattenfinanzindex ist als Gegenentwurf zu den Schwarzen und Grauen Listen mit Steueroasen gedacht, die die OECD im Auftrag der G20 erstellt. Diese Listen taugten bestenfalls zum „Weißwaschen schmutziger Geschäfte“, kritisieren die nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) und empfehlen die Orientierung an ihrem Index, der viel genauer aufzeige, wo illegales Geld hinfließt und angelegt wird. Für sie wäre die Einführung einer weltweiten Finanz-Transaktionssteuer, wie sie auch viele andere NGOs und seit einiger Zeit sogar auch einige europäische Regierungen befürworten, ein hilfreicher Schritt hin
zu mehr Einnahmen und besseren allgemeinen Finanzkontrollen und um die milliardenschweren illegalen Geldströme leichter ausfindig zu machen. Bei einem Treffen Anfang November im schottischen St. Andrew konnten sich die Finanzminister und Zentralbankchefs der G20-Länder allerdings zu einer gemeinsamen Initiative nicht durchringen. Besonders die USA sind dagegen.