Geschlechterrollen sind tief verankert in den meisten Gesellschaften: Sie zu ändern, dauert lange. Es braucht Gesetze, Einsicht bei Männern und Frauen sowie Bildung. Das ist das Ergebnis eines Briefingpapiers der Organisation ALiGN (Advancing Learning and Innovation on Gender Norms), einer Unterorganisation des britischen Overseas Development Institute.
In dem Papier haben die Fachleute sowohl die weltweite Entwicklung bei Frauenrechten und Geschlechtergerechtigkeit in den Blick genommen, als auch Fallstudien in Uganda und Nepal betrachtet. Die Bilanz: 25 Jahre nach der bedeutenden Frauenkonferenz von Beijing gibt es laut der Studie einige Fortschritte. Zum Beispiel hat sich zwischen den Jahren 2000 und 2017 die Müttersterblichkeit weltweit um 38 Prozent verringert. In den Jahren 1990 und 2012 wurde erreicht, dass in immer mehr Ländern etwa gleich viele Jungs und Mädchen eine Grundschule besuchen.
In den vergangenen Jahren ist die Erwerbstätigkeitsquote von Frauen gestiegen, doch sie liegt laut der Internationalen Arbeitsorganisation ILO global noch 27 Prozentpunkte unter jener der Männer. Ganz zu schweigen davon, dass die Frauen in der Regel schlechter bezahlte Jobs haben und meist noch allein für die häuslichen Tätigkeiten zuständig sind. Auch Gewalt an Frauen ist nach wie vor ein großes Problem: Zwar gibt es inzwischen in 155 Ländern Gesetze gegen häusliche Gewalt, 1984 waren es gerade mal zwei. Das heißt allerdings nicht, dass die Gesetze auch tatsächlich durchgesetzt werden.
Starke patriarchalische Strukturen
Weltweit wie auch in den konkreten Fällen Uganda und Nepal, ist, teilweise durch Quoten, in den vergangenen Jahrzehnten die politische Beteiligung von Frauen gestiegen: in nationalen Parlamenten stieg die Frauenquote von durchschnittlich 11,7 Prozent (1997) auf 22,6 Prozent im Jahr 2015. In Uganda hat sich vor allem in den 1990er Jahren die Lage verbessert, nachdem Präsident Museveni an die Macht gekommen war. Doch die Frauen mussten hart für ihre Rechte und gegen patriarchalische Strukturen kämpfen – und müssen es bis heute. In Nepal ist seit 2015 eine Frau Präsidentin, Bidhya Devi Bhandari. Dennoch hatten in den Jahren zuvor viele Frauen das Gefühl, dass die Männer politische Entscheidungen in ihrer Abwesenheit trafen.
Die Fachleute weisen darauf hin, dass auch für Männer Geschlechternormen eine Belastung sein können: Der Druck, immer taff und männlich zu sein, könne dazu führen, dass sich Männer aggressiv verhalten und sie immer die Kontrolle haben wollen, besonders über ihre Frauen und Kinder. Umso wichtiger sei es, dass auch bei Männern ein Umdenken einsetzt.
Man braucht einen langen Atem
Die Autoren des Briefing Papers haben kein Patentrezept parat, wie sich Geschlechternormen am besten verändern lassen. Doch die Fallbeispiele zeigten, dass in Uganda und Nepal Gesetze, Bildung sowie Aktivismus zu Fortschritten bei der Gleichberechtigung geführt haben. So hatten zum Beispiel Lehrer einen großen Einfluss auf Generationen von Jungs und Mädchen, aber auch Väter oder Brüder, die ihre Geschwister oder Töchter beim Schulbesuch unterstützt haben anstatt sie früh zu verheiraten. Bildung habe ein enormes Potenzial, um rechtsverletzende Normen zu verändern, allerdings täten sich viele Länder noch schwer damit, diese geschlechterübergreifend zu fördern – von der Grundschule bis hin zum Studium. Wichtig sei deshalb, dass soziale Bewegungen und Aktivisten immer wieder Geschlechtergerechtigkeit einfordern. Und man brauche einen langen Atem, da die Änderung lang bestehender Normen eine langfristige Planung und Geduld erfordern.
Neuen Kommentar hinzufügen