Tricksereien beim Goldexport

Tansania
Die Regierung von Tansania versucht, die Steuereinnahmen aus dem Goldbergbau zu steigern und illegale Finanzflüsse auszutrocknen. Doch das ist schwierig.

Afrika ist gesegnet mit einer Vielfalt an natürlichen Ressourcen wie Diamanten, Gold oder Kupfer. Doch die meisten Länder haben daraus bislang wenig Nutzen ziehen können; der Reichtum an Ressourcen geht in Afrika oft mit einem niedrigen sozioökonomischen Entwicklungsstand einher. Dieser sogenannte Ressourcenfluch hat viele Ursachen: Eine davon sind illegale oder zumindest illegitime Finanzflüsse aus dem Bergbau in afrikanischen Ländern. Vor allem transnationale Unternehmen wollen damit Steuern vermeiden oder illegal hinterziehen.

Zur Finanzierung der UN-Nachhaltigkeitsziele ist es wichtig, die Steuereinnahmen aus dem Bergbau zu erhöhen. Illegale Finanzflüsse unterminieren jedoch dieses Vorhaben. Die UN-Wirtschaftskommission für Afrika hat in einem Bericht geschätzt, dass dem Kontinent dadurch pro Jahr mehr als 50 Milliarden US-Dollar verloren gehen; das ist mehr als die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) für Afrika. Das meiste illegal ins Ausland geflossene Geld stammt aus dem Bergbau.

Tansania zählt zu Afrikas größten Goldproduzenten. Auf das Edelmetall entfallen 90 Prozent der Exporteinnahmen des tansanischen Bergbausektors. In den vergangenen vier Jahren hat das Land Schlagzeilen gemacht, weil die Regierung unter Präsident John J. Magufuli versucht, illegale und illegitime Finanzflüsse einzudämmen. Konzerne, denen solche Praktiken vorgeworfen werden, wurden an den Pranger gestellt; einige mussten nach langen Verhandlungen oder Gerichtsurteilen ordentlich Steuern nachzahlen.

Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass Reformen in diesem Bereich energisch vorangetrieben werden müssen. Auf der anderen Seite dürfen damit aber dringend benötigte Investitionen aus dem Ausland nicht abgeschreckt werden. Es ist schwierig, hier die Balance zu finden.

Quellen für illegale Finanzflüsse

Ein Bericht der Afrikanischen Union und der UN-Wirtschaftskommission für Afrika aus dem Jahr 2015 hat drei wesentliche Quellen für illegale Finanzflüsse identifiziert: erstens kriminelle Aktivitäten wie Drogen- und Menschenhandel, illegale Waffenverkäufe und Handel mit Schmuggelware; zweitens Bestechung und Diebstahl durch korrupte Politiker; und drittens Geschäftspraktiken wie die Verschiebung von Einnahmen aus Ländern, in denen sie eigentlich besteuert werden müssten, in Steueroasen. Laut dem Bericht stammen allein aus dieser Quelle rund zwei Drittel aller illegalen Finanzflüsse aus Afrika.

Autorin

Luckystar Miyandazi

arbeitet beim European Centre for Development Policy Management (ECDPM), einer Denkfabrik in Maastricht und Brüssel zur entwicklungspolitischen Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika. Ihre Schwerpunkte sind die internationale Steuerpolitik und politische Ökonomie.
In Tansania hat ein Regierungskomitee im Jahr 2017 wirtschaftliche und rechtliche Folgen des Gold­exports untersucht. In seinem Bericht beschuldigte das Komitee die Firma Acacia Gold Mining Plc., zwischen 1998 und 2017 die Menge und den Wert des in Tansania abgebauten und dann exportierten Goldes zu niedrig angegeben zu haben. Auf diese Weise habe das Unternehmen seine Steuerschuld um insgesamt 84 Milliarden US-Dollar reduziert. Das ist mehr als das Fünffache des tansanischen Staatshaushalts für die Jahre 2017 und 2018. Es folgte ein langer Steuerstreit zwischen dem Konzern und der Regierung. Die Verhandlungen laufen noch immer, ebenso wie ein internationales Verfahren zur Streitschlichtung, das Acacia angerufen hat.

Generell ist es schwierig, Unternehmen illegale oder illegitime Praktiken nachzuweisen. Oft nutzen sie es einfach aus, dass der Bereich kaum reguliert ist und es legale Schlupflöcher gibt. Hinzu kommt, dass es Regierungen, Zoll- und Steuerbehörden oft an Personal, Zeit und Geld mangelt, um illegale Aktivitäten aufzudecken und die daraus resultierenden Verluste zu berechnen.

Tansania überarbeitet sein Steuersystem

Seit seiner Wahl im Jahr 2015 hat Präsident Magufuli rigoros gegen die zweifelhaften Aktivitäten großer Bergbaukonzerne durchgegriffen. Tansania überarbeitet derzeit sein Steuersystem. Dabei wird darauf geachtet, die Bürger nicht stärker zu belasten und es der tansanischen Steuerbehörde nicht schwerer zu machen, Steuern einzutreiben. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit leitete Magufuli eine Razzia gegen Steuerflucht und baute die staatliche Steuerbehörde um. Ergebnis: In nur zwei Monaten konnte die Regierung Steuernachzahlungen in Höhe von umgerechnet 564 Millionen US-Dollar eintreiben.

Im Jahr 2017 erließ die Regierung drei neue Gesetze, die den Bergbau sowie die Förderung von Öl und Gas strenger regulieren. Im Januar 2018 wurden dann die Vorgaben zur Vergabe von Bergbaulizenzen verschärft. Die neuen Regeln sollen illegale und illegitime Finanzflüsse eindämmen helfen. Sie ermöglichen zum Beispiel, einmal vergebene Bergbaulizenzen neu zu verhandeln und gewährte Steuervorteile für Unternehmen zu revidieren mit dem Ziel, die Steuereinnahmen zu erhöhen. Auf diese Weise sollen die Unternehmen abgeschreckt werden, unfaire Verträge auszuhandeln, die zu Verlusten in der tansanischen Staatskasse führen.

Die neuen Gesetze beschränken außerdem die Nutzung von Bankkonten in Offshore-Finanzzen­tren, um Geldwäsche zu unterbinden. Sie verlangen von den Unternehmen, dass sie präzise Daten zur Menge und zur Qualität geförderter Mineralien offenlegen, zur Produktion und zum Handel, zu ihren steuerpflichtigen Einnahmen und zu bereits geleisteten Zahlungen.

Fortschritte mit Schattenseiten

Mit den neuen Gesetzen und Regeln macht  Tansania Fortschritte im Kampf gegen illegale Finanzflüsse. Es besteht aber auch das Risiko, dass sie zu schnell und zu energisch ohne Erklärungen durchgesetzt werden. So hat der Lobbyverband der Bergbauindustrie, die Tanzania Chamber of Minerals and Energy, kritisiert, es sei mit der Industrie nicht ausreichend über die großen Auswirkungen der neuen Gesetze gesprochen worden. Genannt werden in diesem Zusammenhang die erheblichen Verpflichtungen, die Bergbauunternehmen neuerdings erfüllen müssen, sowie Unsicherheit, wie stabil der gesetzliche Rahmen in Tansania ist. Als Folge sind die Geschäfte vieler Unternehmen ins Stocken geraten und Arbeitsplätze verloren gegangen.

Die neuen Gesetze verlangen außerdem, dass Streitigkeiten zwischen der Regierung und Bergbaukonzernen ausschließlich vor tansanischen Gerichten ausgetragen werden, nicht vor internationalen Gremien zur Streitschlichtung. All das hat vor dem Hintergrund der ohnehin schon angespannten Stimmung zwischen Regierung und Industrie zu Unruhe bei Investoren geführt. Viele haben angedeutet, dass sie Tansanias Märkte jetzt erst einmal beobachten wollen; dabei stand das Land im Vergleich zu seinen ostafrikanischen Nachbarn zuletzt ganz vorne in der Gunst internationaler Investoren, nachdem es ab Mitte der 1990er Jahre die Wirtschaft privatisiert und liberalisiert hat.

Der Fall Tansania zeigt: Um illegale Finanzflüsse zu stoppen, ist es notwendig, aber eben nicht ausreichend, die Bergbauindustrie stärker zu regulieren. Es braucht eine zielgerichtete, faktenbasierte Reform der gesamten Rohstoffpolitik. Die tansanische Regierung wäre gut beraten zu klären, wie die neuen Gesetze und Regeln für Konzerne in die Praxis umgesetzt werden sollen. Das wäre wichtig, um das Vertrauen von Investoren zurückzugewinnen und den Spielraum bei der Auslegung der neuen Regeln abzustecken. Das sollte sie gemeinsam mit interessierten Gruppen tun, einschließlich der Geschäftswelt.

In Tansania und anderen Ländern müssen die technischen und administrativen Kapazitäten von Regierungsbehörden ausgebaut werden, so dass sie illegale Finanzflüsse aufdecken und Gesetze anwenden können. Die Regierung muss die erforderlichen Ressourcen bereitstellen, so dass sie die mit dem Goldbergbau verbundenen Risiken reduzieren und die neuen Bergbaugesetze durchsetzen kann.

Aus dem Englischen von Tillmann Elliesen.

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erschienen in Ausgabe 10 / 2019: Ab in die Steueroase
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