Knauserig beim Klimaschutz

Seit Beginn des Jahres schieben die EU-Regierungen die Entscheidung vor sich her, was sie zum weltweiten Klimaschutz beitragen wollen – und wie sie das unter sich aufteilen. Auf ihrem Gipfel im Oktober wollen sie nun Vorschläge für den Weltklima-Gipfel im Dezember in Kopenhagen formulieren, wo über die Nachfolge des Kyoto-Abkommens für die Zeit nach 2012 verhandelt werden soll.

Bei ihrem Gipfel im Juni in Brüssel hatten die EU-Mitglieder einmal mehr einen Beschluss dazu vermieden, wie viel Geld sie denn nun für den Klimaschutz aufbringen wollen. Der Bedarf ist klar: Bis zum Jahr 2020 müssten 175 Milliarden Euro aufgebracht werden, um den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen auf das erforderliche Maß zu vermindern und die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels zu mildern. Gut die Hälfte des Geldes müsste den Entwicklungsländern zukommen; allein zur Vorbeugung und Bewältigung von Katastrophen sind dort nach Berechnung der UN zwischen 23 und 54 Milliarden Euro jährlich fällig. Doch die EU will sich auf keine Verpflichtung einlassen, solange die übrigen Industrieländer (insbesondere die USA) sowie die Schwellen- und besser gestellten Entwicklungsländer keine Zusagen machen.

Hinter dieser Poker-Taktik nach außen verbergen sich tiefe Diskrepanzen zwischen den EU-Staaten sowie zwischen ihnen und den anderen G8-Ländern. Dabei geht es um die Höhe der jeweiligen Beiträge sowie um die Verteilung der Mittel.

Nach Vorstellung der EU-Kommission soll ein erheblicher Teil des Geldes aus der Versteigerung von Emissionsrechten in den EU-Ländern kommen. Die Kommission rechnet bis 2020 mit Einnahmen in Höhe von 30 Milliarden Euro jährlich. Andere Experten gehen allerdings von deutlich niedrigeren Einnahmen aus. Selbst im besten Fall müssten die Einnahmen aus der Versteigerung mit erheblichen Mitteln aus den öffentlichen Haushalten ergänzt werden.

Und hier liegt das Problem in der EU: Es besteht keine Einigkeit darüber, wie diese zusätzlichen Beiträge auf die EU-Mitglieder verteilt werden sollten. Eine Lastenteilung gemäß den Mitgliedsbeiträgen zu den Vereinten Nationen, wie es die EU-Kommission ursprünglich vorgesehen hatte und bei der das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen ausschlaggebend ist, würde einige jener EU-Länder besonders belasten, die ihre Treib­hausgas-Emissionen bereits deutlich verringert haben – wie Deutschland, die Niederlande und die skandinavischen Staaten.

Die französische Regierung schlägt dagegen die Pro-Kopf-Emissionen eines Landes als Grundlage vor. Das ist schlitzohrig, denn davon würden nur die Länder mit einem hohen Anteil von Atomstrom an der Energieversorgung profitieren – wie Frankreich, Schweden und Belgien. Von einigen nichtstaatlichen Umweltorganisationen gab es durchaus Zustimmung zu dem Vorschlag aus Paris, während Polen und andere östliche EU-Länder wie Ungarn und Tschechien ihn rundweg ablehnen. Der polnische Premier Donald Tusk bezeichnete den Vorschlag als eine allzu simple Lösung. Der Streit darüber könne noch dauern, sagte Tusk, auch bis zum EU-Gipfel im Oktober.

erschienen in Ausgabe 9 / 2009: Medien: Die heiße Ware Information
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