Frauen sortieren Müll auf den Philippinen (Archivbild)
Frankfurt a.M., Kuala Lumpur (epd). Die malaysische Umweltministerin Yeo Bee Yin hielt mit ihrem Unmut nicht hinter dem Berg: "Genug ist genug, wir werden nicht die Müllhalde der Welt sein", sagte sie während einer Inspektion in Port Klang, dem belebtesten Hafen des Landes. Industrienationen wie Großbritannien, USA, Australien, Kanada, Spanien und Deutschland müssten ihre Abfälle zurücknehmen. Malaysia werde illegal importierten Müll "gnadenlos dahin zurücksenden, wo er hergekommen ist", verkündete die Ministerin im April. Mehrere Hundert Tonnen Abfall hat das Land seitdem in die Ursprungsländer zurückgeschickt.
Mit ihrem Frust ist Yeo Bee Yin nicht alleine: Kürzlich haben die Philippinen 69 Schiffscontainer mit fast 1.500 Tonnen illegalen Mülls aus den Jahren 2013 und 2014 nach Kanada geschickt. Vorausgegangen war ein diplomatischer Streit, in dem Kanada schließlich einlenkte. Der wegen seines blutigen "Anti-Drogen-Kriegs" international kritisierte philippinische Präsident Rodrigo Duterte hatte damit gedroht, er werde persönlich anreisen und den Müll abladen.
Multi-Milliarden-Dollar-Geschäft
Deklariert waren die Abfälle laut Behörden als recycelbares Plastik. Tatsächlich aber habe es sich um unsortierte, teils gar kontaminierte Abfälle voller Maden und Fäkalien oder Elektroschrott gehandelt. Das Problem verschärft sich, seit China Mitte 2017 ankündigte, ab 2018 nahezu keine Mülleinfuhren mehr zu erlauben. Damit geriet das Multi-Milliarden-Dollar-Geschäft des globalen Recyclings in eine Krise. Daran zeigten sich "die Probleme und Grenzen des Recyclings als Lösung für eine Welt, die am eigenen Plastik erstickt", schrieb das Bündnis Gaia, in dem weltweit mehr als 800 Initiativen, Organisationen und Individuen vertreten sind, in einem Bericht.
Greenpeace zufolge bekamen das zunächst vor allem Malaysia, Vietnam und Thailand zu spüren: Allein in der ersten Jahreshälfte 2018 stiegen in Malaysia die Importe von Plastikmüll auf 456.000 Tonnen. In 2017 waren es insgesamt 316.600 Tonnen, 2016 etwa 168.500 Tonnen. "Malaysia kann nicht alle importierten Abfälle verarbeiten, es gibt dafür nur eine begrenzte Anzahl an Fabriken", mahnte Mageswari Sangaralingam, Aktivistin der Malaysia-Sektion von "Friends of the Earth".
Eine der Konsequenzen laut dem Gaia-Bericht: In der Nähe von Port Klang schossen kleine und mittlere unerlaubte und unkontrollierte Recycling-Anlagen aus dem Boden. Die Studie zitiert einen Geschäftsmann, wonach das illegale Recycling zugenommen habe, in von Chinesen geführten Fabriken.
Staaten wehren sich
Für die Bewohner habe die Müllkrise katastrophale Folgen, betonen die Wissenschaftler. Vielerorts sei das Wasser kontaminiert, der Boden für Ernten verseucht, Menschen litten an Atemwegserkrankungen: "Nordamerikaner und Europäer exportieren auf diese Weise nicht nur ihren Plastikmüll, sondern versuchen zudem, die damit verbundene Umweltverschmutzung loszuwerden", heißt es im Gaia-Bericht.
Malaysias Nachbarstaaten haben ebenfalls begonnen, sich zu wehren. Im Juli 2018 hatte Vietnam angekündigt, keine neuen Lizenzen für Müllimporte auszustellen. Vor zwei Monaten erklärte Hanoi zudem, man plane ein komplettes Verbot bis 2025. Auch Thailand gab an, man werde die Einfuhr von Plastikabfall bis 2021 stoppen.
Überprüfungen im ganzen Land
Auf Grundlage der sogenannten "Basler Konvention" verständigten sich im Mai in Genf über 180 Staaten auf eine Verschärfung der Exportregeln. Diese gelten zumindest als ein erster Schritt. Dass Südostasien auch hausgemachte Müllprobleme habe, entbinde den Westen nicht von der Verantwortung, seine Abfälle selbst zu entsorgen: "Wir werden uns von den entwickelten Staaten nicht drangsalieren lassen", sagte die malaysische Umweltministerin Yeo Bee Yin. Im ganzen Land werde man überprüfen, ob der Müll legal dorthin gelangt sei.
Nach Behördenangaben wurde von bislang 300 untersuchten Fabriken, die Plastikmüll recycelten, fast die Hälfte zeitweilig oder ganz dichtgemacht. Zugleich verwarnte die Ministerin auch ihre an illegalen Importen beteiligten Landsleute: Diese seien "Verräter" und würden zur Verantwortung gezogen.
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