Zustimmung zu Dutertes Antidrogenkampf

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Philippinen
Priester und Bischöfe kritisieren den brutalen Antidrogenkampf des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte. Bei der Bevölkerung findet die katholische Kirche damit kein Gehör.

In einem Punkt sind sich alle auf den Philippinen einig: Drogenkriminalität ist ein gesellschaftliches Problem, das schon unzählige Familien zerstört hat. Rodrigo Duterte hat die Präsidentenwahl 2016 unter anderem mit seinem Versprechen gewonnen, hart gegen die Drogenszene vorzugehen – was er seit seinem Amtsantritt auch tut. Nach Angaben der Philippinischen Bischofskonferenz sollen zwischen Juli 2016 und November 2018 mehr als 23.000 Menschen dem Antidrogenkrieg zum Opfer gefallen sein, darunter viele Kleindealer und Junkies. Sie wurden von Todesschwa­dronen oder der Polizei getötet, die für ihre Verbrechen keine Konsequenzen fürchten müssen.

Lange hat die katholische Bischofskonferenz dazu offiziell geschwiegen und sich in der Drogenthematik auf die Linie des Vatikans berufen, nämlich den Betroffenen mit Rehabilitationsmaßnahmen und Entzugsprogrammen auf individueller Ebene zu helfen. Nur einige Priester und Bischöfe, deren Gemeinden oder Diözesen besonders von den Morden betroffen sind, prangern schon länger den brutalen Antidrogenkurs des Präsidenten an und haben dafür zum Teil sogar Morddrohungen erhalten. Im Januar haben nun alle Bischöfe in einem Hirtenbrief zu einer gemeinsamen Stimme gefunden. Darin kritisieren sie in klaren Worten die Menschenrechtsverletzungen, die willkürlichen Tötungen und das bewusste Schüren eines Klimas der Angst.

Wenig Bewusstsein für die Menschenrechte

Doch wie Menschenrechtsaktivisten und zivilgesellschaftliche Organisationen muss auch die katholische Kirche die Erfahrung machen, dass ihr Plädoyer für Menschenrechte nicht gehört wird. Nach einer Studie des philippinischen Meinungsforschungsinstituts Asia Pulse Research vom Juni 2018 finden zwei Drittel der Bevölkerung, dass der größte Erfolg in Dutertes bisheriger Präsidentschaft der Anti­dro­­genkampf ist.

„In einem Land, in dem 82 Prozent der Bevölkerung katholisch sind und die Kirche eine wichtige Rolle spielt, ist es erstaunlich, wie schwach das Bewusstsein für Menschenrechte ist“, sagt Steffen Ulrich. Er ist bei Misereor für die Philippinen zuständig und hat Anfang April zusammen mit dem Hauptgeschäftsführer von Misereor, Pirmin Spiegel, und dem Freiburger Erzbischof Stephan Burger die Partner auf den Philippinen besucht. Er könne nur vermuten, woran das liegt: „Duterte reagiert auf Kritiker, indem er sie beschimpft und beleidigt. Der Kirche wirft er Doppelzüngigkeit und Korruption vor. Das fällt offenbar auf fruchtbaren Boden. Denn angesichts des weltweiten Missbrauchsskandals hat die katholische Kirche derzeit ein großes Glaubwürdigkeitsproblem“, sagt Ulrich.

Misereor unterstützt verschiedene Organisationen auf den Philippinen, die sich um die Aufarbeitung von Mordfällen im Drogenmilieu kümmern und den Familien anwaltschaftliche Unterstützung anbieten. Bei Gesprächen mit Angehörigen der Ermordeten sei deutlich geworden, dass sie oft die Schuld für die Drogenabhängigkeit des Sohnes oder Vaters bei sich selbst suchten, sagt Ulrich. „Sie nehmen den Verlust des Angehörigen als Konsequenz hin. Dass es aber gegen die Menschenrechte ist, jemanden wegen Drogenhandels oder Drogenkonsums umzubringen, sehen sie nicht.“ Anwaltschaftliche Hilfe werde manchmal auch abgelehnt, weil die Familien fürchteten, noch stärker in die Drogenthematik hineingezogen zu werden. „Gerade in den Elendsvierteln ist der Drogenhandel eine Einkommensquelle für viele, die keine Arbeit haben. Oft sind mehrere in einer Familie involviert“, sagt Ulrich.

Der Präsident schürt ein Klima der Angst

Dass die Frage der Menschenrechte sich für viele im Antidrogenkampf nicht stellt, könne aber auch mit dem Klima der Angst zusammenhängen, das Duterte bewusst schüre, sagt Ulrich. „Die Menschen fürchten weniger die Willkür und menschenverachtende Härte staatlicher Gewalt als vielmehr, dass drogeninfizierte Nachbarn eigene Familienangehörige in die Drogenkriminalität mit hineinziehen könnten.“ Wenn es dann darum gehe, sich für die Sicherheit der eigenen Familie oder die Menschenrechte von anderen zu entscheiden, zögen die meisten die eigene Sicherheit vor. „Das ist eine moralische Abwägung. Das Handeln des Staates für die eigene Sicherheit wird zudem als sehr positiv gesehen“, meint Ulrich.

In der Kirche überlegen nun einige, wie sie das Thema Menschenrechte näher an die Menschen bringen können. Bei den Bischöfen setze sich die Einsicht durch, dass es auf die einzelnen Priester in den Gemeinden ankommen werde, sagt Ulrich: Sie könnten zwischen den Menschen ein Zusammengehörigkeitsgefühl stiften und seelsorgerlich mit Angehörigen über ihre Schuldgefühle für die Machenschaften ihrer Verwandten sprechen, um über diesen Weg, eine Diskussion über staatliches Recht und Unrecht in Gang zu bringen. „Das Bewusstsein für Menschenrechte und Demokratie muss von der Basis her wachsen“, sagt Ulrich. 

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erschienen in Ausgabe 6 / 2019: Arznei und Geschäft
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