Kann der Kirchenrat mit seinem Engagement für Frieden Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen?
Ja. Zusammen mit dem Weltkirchenrat hat der AACC kürzlich ein Programm aufgelegt. Wir schicken bekannte Vertreter aus Kirche und Politik in Krisenregionen. Sie ermutigen die Gegner zum Frieden.
Wo geschieht das zum Beispiel?
Im vergangenen Jahr haben wir eine Delegation nach Burundi geschickt, die ein sehr positives Echo hatte. In Simbabwe hat eine andere Delegation die Kirchen vor Ort ermahnt, die Situation sehr genau im Auge zu behalten. Und wir wollen auch Delegationen in den Kongo und nach Madagaskar schicken.
Bei dem Völkermord 1994 in Ruanda waren Kirchenmitglieder nicht nur Opfer sondern auch Täter. Wie können Kirchen danach ihre Arbeit fortsetzen?
Die Kirchen in Ruanda haben das ruandische Volk um Vergebung gebeten. Die Tatsache, dass Menschen, die sich Christen nennen, bei solch einem Gemetzel mitgemacht haben, ist Ausdruck eines Scheiterns. Die Kirchen haben sich zur Rolle ihrer Mitglieder beim Genozid bekannt. Das war nötig, um die Arbeit wieder aufnehmen zu können und um einzelne zu ermutigen, ebenfalls zu bereuen. Das Volk hat das akzeptiert. Die Menschen in Ruanda gehen nach wie vor in die Kirchen und reden dort über das, was ihnen zugestoßen ist.
Kenia hat ebenfalls einen blutigen Konflikt hinter sich. Zwar gab es nicht so viele Tote wie in Ruanda, aber die Kenianer wollen die Wahrheit über die Hintergründe dieser Gewaltausbrüche wissen. Welche Rolle kann der AACC dabei spielen?
In Kenia gibt es seit langem Staatsbürgerkunde für die breite Masse, die im wesentlichen von den Kirchen organisiert wird. Das ist der Grund, warum die Mittelschicht während der Gewaltausbrüche nach den Wahlen nicht in die Falle der ethnischen Trennung geraten ist. Zu Beginn der Krise hat der AACC sofort eine Delegation unter der Leitung von Erzbischof Desmond Tutu nach Kenia geschickt. Seitdem arbeiten wir mit den kenianischen Kirchen zusammen und ermutigen sie, eine Rolle als Friedensstifter zu spielen. Was die Suche nach der Wahrheit betrifft, muss man sagen, dass einige Medien nicht sehr verantwortungsvoll in der Berichterstattung sind. Im Radio zu erklären, welche Betrügereien man gesehen hat und dabei nicht daran zu denken, dass dies die erhitzten Gemüter außer Kontrolle geraten lassen könnte, muss man als unzurechnungsfähig bezeichnen.
Wie hoch ist das Budget des Allafrikanischen Kirchenrates und woher bekommt er sein Geld?
Wir sind eine sehr bescheidene Organisation, an unserem Hauptsitz in Nairobi sind wir nur etwa 20 Leute. Der AACC erhält Beiträge von seinen Mitgliedern. Das sind Kirchen und kirchliche Einrichtungen. Und wir haben eine Infrastruktur, die uns ein gewisses Einkommen sichert, wie zum Beispiel unser Gästehaus. Aber natürlich erhalten wir auch Unterstützung von unseren ökumenischen Partnern.
Müssen Sie wegen der Wirtschaftskrise mit Kürzungen rechnen?
Wir schließen nicht die Augen vor den Problemen der Welt. Aber ich fürchte nicht, dass die Kürzungen bei den Zuschüssen von unseren Partnern das Ende des AACC bedeuten könnten. Ich weiß von einigen afrikanischen Kirchen, die die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland verloren haben und die weiter funktionieren und sich weiter entwickeln. Sie mussten nicht schließen. Der Reichtum der Kirche ist nicht das Geld. Es sind die Menschen. Aber natürlich suchen wir nach Möglichkeiten, wie wir unsere Arbeit effizienter machen und Synergien mit anderen Organisationen schaffen können.
Der AACC repräsentiert Kirchen verschiedener Denominationen. Ist das ein Problem?
Mit der Vielfalt ist es wie mit dem Glas, das halb voll oder halb leer ist. Ich betrachte sie als ein halbvolles Glas. Sie ist ein Reichtum, aber auch eine Herausforderung. Letztlich zählt, dass wir gemeinsam handeln. Das Leben wird von vielen Seiten bedroht, zum Beispiel von Kriegen, Aids oder der Umweltzerstörung. Es ist notwendig, dass man dagegen gemeinsam vorgeht, nicht darüber philosophiert.
In Afrika entstehen seit geraumer Zeit immer mehr neue Kirchen. Wie geht der AACC damit um?
Das bleibt eine Herausforderung. Der Kirchenrat würde sich aber niemals gegen irgendeine Kirche richten. Wir sehen in ihnen keine Bedrohung. Diejenigen, die sich auf Christus berufen, können niemals für uns eine Bedrohung sein. Aber die Frage, wie wir es organisieren, gemeinsam die großen Probleme anzugehen, bleibt nach wie vor eine wichtige Aufgabe.
Das Gespräch führte Katja Dorothea Buck.
André Karamaga aus Ruanda ist seit Anfang 2009 Generalsekretär des Allafrikanischen Kirchenrates.