Am Ende der Lieferkette

Rohstoffe
Kobalt ist begehrt: Es steckt in Lithium-Ionen-Batterien, die unter anderem Elektroautos antreiben. Das Edelmetall wird vor allem im Osten des Kongo abgebaut – eine neue Studie prangert die miserablen Arbeitsbedingungen der Kleinschürfer an.

Die Entwicklungsorganisation Inkota und das Ökumenische Netz Zentralafrika (ÖNZ) untersuchen in ihrer Studie, unter welchen Bedingungen das Edelmetall in der DR Kongo aus dem Boden geholt wird. Besondere Aufmerksamkeit widmen sie dem Kleinbergbau. Die Autoren haben dafür Interviews mit Vertretern von zivilgesellschaftlichen Organisationen geführt.

Weltweit steigt die Nachfrage nach Kobalt: Im Jahr 2017 habe der Bedarf bei 110.000 Tonnen gelegen. Für das Jahr 2026 prognostiziert die Studie eine Verdoppelung der Nachfrage auf bis zu 225.000 Tonnen. Das Edelmetall ist ein unersetzlicher Bestandteil von Lithium-Ionen-Batterien, die in zahlreichen Elektrogeräten verbaut werden – auch in Elektroautos, und das macht Kobalt immer begehrter.

Die Hälfte der weltweiten Kobalt-Vorkommen liegt im Kongo. Industrieverbände und viele Regierungen bewerteten die fragile politische Situation dort zwar kritisch, blieben jedoch von dem Rohstoff abhängig: „Die übrigen erschlossenen Lagerstätten der Welt können den Bedarf der Industrie allein nicht decken“, schreiben die Autoren.

Rund 20 Prozent des gesamten Kobaltvorkommens der DR Kongo werden laut Studie im Kleinbergbau gefördert – in schlecht gesicherten und oft illegal betriebenen Minen, in denen Arbeiter das Edelmetall mit Spitzhacken oder den bloßen Händen ans Tageslicht befördern. Zwischen 110.000 und 150.000 Menschen arbeiteten Amnesty International zufolge als Kobalt-Kleinschürfer.

Die genaue Zahl zu ermitteln sei schwierig, weil viele Minen nicht offiziell registriert seien. Alleine in der ehemaligen Provinz Katanga schaffe der Abbau von Kobalt und Kupfer Einkommen für zehn Millionen Menschen in der Region und darüber hinaus. Dabei berufen sich die Autoren auf Angaben zivilgesellschaftlicher Organisationen vor Ort; offizielle Statistiken liegen nicht vor.

Die Arbeitsbedingungen sind schlecht: Es fehle an Schutzbekleidung und viele der selbstgebauten Schächte seien einsturzgefährdet. Oft arbeiteten auch Kinder und Jugendliche in den Minen – für einen Zwölfstundentag erhielten sie lediglich ein bis zwei Dollar. Überhaupt stünden die Kleinschürfer am untersten Ende der Nahrungskette: Die Zwischenhändler zahlten ihnen in der Regel lediglich sechs Prozent des Preises, den sie beim Weiterverkauf erhalten. Und auch die Auswirkungen auf die Umwelt seien „untragbar“.

Kein Verzicht auf Kobalt von Kleinschürfern

Dennoch halten es die Autoren für falsch, dass Konzerne wie der deutsche Autobauer Daimler auf Kobalt aus dem Kleinbergbau verzichten und das Edelmetall stattdessen ausschließlich aus industriellen Minen beziehen wollen. Dadurch schade man den Kleinschürfern, weil man ihnen ihre einzige Einkommensquelle nehme. Außerdem sei es schwierig, sicherzustellen, dass lokale Zwischenhändler wirklich ausschließlich Kobalt aus industriellen Minen beziehen.

Statt auf Kobalt von Kleinschürfern zu verzichten, müssten die deutschen Unternehmen von der Bundesregierung gesetzlich dazu verpflichtet werden, sich entlang ihrer Lieferkette für den Schutz von Mensch und Natur einzusetzen. Konzerne, die Kobalt aus der DR Kongo beziehen, müssten  einen Beschwerdemechanismus einrichten. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit müssten die Kleinschürfer im Bergbau geschult und über die gesundheitlichen Risiken ihrer Arbeit aufgeklärt werden.

Wie das in der Praxis funktionieren soll, bleibt unklar – zumal die Autoren an anderer Stelle selbst auf die fragile politische Situation und die Gefahr hinweisen, die von bewaffneten Milizen ausgeht. Interessant ist die Studie, weil sie die Situation der Kleinschürfer aus der Perspektive lokaler zivilgesellschaftlicher Organisationen in den Blick nimmt. Die politischen Lösungsvorschläge bleiben hingegen vage und erscheinen teilweise unrealistisch.

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