Sie haben mit anderen ein Zentrum für feministische Außenpolitik gegründet. Was ist das überhaupt?
Feministische Außenpolitik geht davon aus, dass es weltweit Ungerechtigkeiten gibt, die reduziert werden müssen. Sie setzt auf friedliche Konfliktbearbeitung und verlangt, dass alle Bevölkerungsgruppen in der Politik vertreten sind; Frauen sollen die Hälfte aller Machtpositionen erhalten. Alle außenpolitischen Entscheidungen müssen geprüft werden, wie sie sich auf verschiedene Bevölkerungsgruppen auswirken.
Was ist der Unterschied zu jeder anderen an Frieden und den Menschenrechten orientierten Außenpolitik?
Feministische Außenpolitik beruft sich etwa bei der Friedensförderung auf Studien, nach denen das Niveau der Gleichberechtigung der wichtigste Faktor dafür ist, ob ein Land nach innen und außen gewaltbereit ist. Die Forschung zeigt, dass sogar autokratische Staaten weniger gewaltbereit sind als Demokratien, wenn die Gleichberechtigung höher ist.
Welche Staaten machen derzeit feministische Außenpolitik?
Schweden etwa, das seine Außenpolitik auf vier „R“ gründet: Ressourcen zur Förderung von Gleichberechtigung, Rechte für Mädchen und Frauen, Repräsentation aller Bevölkerungsgruppen und „Realität“, also Faktencheck der Politik. Kanada arbeitet ebenfalls an einer feministischen Außenpolitik.
Können nur Frauen feministische Außenpolitik machen?
Auf keinen Fall. Andernfalls würden wir unseren Zielen kaum näher kommen.
Was ist die Aufgabe Ihres neuen Zentrums?
Wir verstehen uns als Denkfabrik für Analysen und Forschung, wollen aber gleichzeitig Lobby- und Advocacy-Arbeit machen. Wir wollen neue außenpolitische Perspektiven eröffnen und Empfehlungen geben. Zuletzt etwa haben wir zusammen mit dem Zentrum für Internationale Friedenseinsätze ein Briefing anlässlich Deutschlands Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat vorgelegt.
Wie ist die Resonanz im politischen Berlin?
Sehr gut. Bei unserer Eröffnungsveranstaltung im September waren 200 Leute dabei, weitere 400 standen auf der Warteliste. Wir sind im Kontakt mit allen Bundestagsfraktionen, außer der AfD, und im Gespräch mit verschiedenen Abteilungen im Außenministerium. Das ist großartig, immerhin vertreten wir einen Ansatz, der für eine traditionelle Außenpolitik herausfordernd ist.
Das Gespräch führte Tillmann Elliesen.
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