Trotz Kritik am Inhalt und den Verfahren hat das EU-Parlament in Straßburg Ende März zwei Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifik (AKP-Staaten) gebilligt. Dabei handelt es sich um das bislang einzige vollständige EPA mit der karibischen Regionalgruppe CARIFORUM sowie um ein bilaterales Interim-EPA mit der Elfenbeinküste. Sechs weitere Abkommen, über die noch verhandelt wird, sind im Parlament ebenfalls auf Zustimmung gestoßen.
Seit Jahren verhandelt die EU-Kommission mit Staaten und Ländergruppen aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik (AKP) über Handelsabkommen. Die EU begründet die Notwendigkeit der EPAs damit, dass die bisher im Cotonou-Vertrag geregelten Handelsbeziehungen zwischen Europa und den AKP-Ländern nicht mehr mit den Vorgaben der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar seien.
Abgeordnete aus dem Entwicklungsausschuss des EU-Parlaments hatten in Stellungnahmen (Eigenentschließungen) eine Reihe von Kritikpunkten zum bisherigen Gang der EPA-Verhandlungen vorgebracht. Mehrere Bedenken wurden von den Sprechern fast aller Fraktionen geteilt. So hieß es, die acht EPAs, in die das Verfahren zur Anpassung des Cotonou-Vertrags an WTO-Regeln inzwischen zerfasert ist, spalteten bestehende und neue regionale Zusammenschlüsse zwischen AKP-Ländern, da jedes Abkommen unterschiedliche Zoll- und Ursprungsregeln enthalte. Die Risiken der Verhandlungen trügen ausschließlich die AKP-Länder, weil die EU wirtschaftlich viel stärker sei und bessere Verhandlungskapazitäten besäße. Die Abgeordneten monierten zudem die Undurchsichtigkeit der Verhandlungsführung und die mangelnde Beteiligung von Parlamenten, Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit.
Am Ende verabschiedeten die Parlamentarier die Beschlüsse zu allen acht EPAs mit deutlichen, aber wechselnden Mehrheiten. Sie billigten die zwei fertigen Abkommen mit den Karibik-Ländern und der Elfenbeinküste und sprachen sich für weitere Verhandlungen über die übrigen sechs aus. Nur die Gruppe der Linken/Nordisch-Grünen stimmte ausnahmslos dagegen. Von den großen Fraktionen (Christdemokratisch-Konservative, Sozialdemokratisch-Sozialistische) sowie den kleineren Gruppen der Liberalen und Grünen gab es bemerkenswert zahlreiche Nein-Stimmen.
Die größte Zustimmung erhielt das Abkommen mit der CARIFORUM-Gruppe. Eine der wenigen Gegenstimmen kam von der britischen Grünen-Abgeordneten Caroline Lucas. Sie warf der EU vor, immer noch nicht ihre Lektion über die Schlupflöcher der globalen Finanzindustrie gelernt zu haben: „Fast die Hälfte der CARIFORUM-Länder sind bekannte Steueroasen. Dennoch sieht dieses Abkommen die volle Liberalisierung von Finanzdienstleistungen vor." Das sei ein Freibrief für genau die dubiosen Praktiken von Investmentgesellschaften und Hedgefonds, die die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise mit verursacht hätten.
Unterdessen hat die EU-Kommissarin für Außenhandel, Catherine Ashton, den Parlamentariern bessere Möglichkeiten zur Kontrolle der EPA-Verhandlungen zugesagt. Sie versprach außerdem, die EU-Kommission werde künftig mehr Flexibilität in den Abkommen zulassen. So solle verhindert werden, dass unterschiedliche Regelungen in den EPAs Ansätze regionaler Integration in den AKP-Ländern behindern.
Heimo Claasen