Trotz der Beschlüsse des G20-Gipfels zu Steueroasen werden Entwicklungsländern auch in Zukunft erhebliche Steuergelder entgehen, befürchtet die Hilfsorganisation Oxfam. Auf ihrem Treffen Anfang April hatten die Staats- und Regierungschefs von 20 Industrie- und Schwellenländern Listen mit Staaten aufgestellt, die internationale Regeln zur Besteuerung nicht oder nur teilweise befolgen. Nach den Zugeständnissen vieler Steueroasen in den vergangenen Monaten habe man sich ein schärferes Vorgehen der G20 erhofft, teilte Oxfam in einer Stellungnahme mit.
Bereits Ende März hatten 17 deutsche nichtstaatliche Organisationen, darunter attac, Brot für die Welt, der Evangelische Entwicklungsdienst, Misereor, Germanwatch und Transparency International, an die Bundesregierung appelliert, gegen Steueroasen vorzugehen. Die Organisationen fordern einen obligatorischen Informationsaustausch zwischen nationalen Steuerbehörden. Banken und Unternehmen sollten sich aus Steueroasen zurückziehen oder zumindest offenlegen, welchen Geschäften sie dort nachgehen. Die bisherigen Zugeständnisse von Staaten wie Liechtenstein und der Schweiz, ihre Gesetze zu verschärfen, seien zwar begrüßenswert, aber längst nicht ausreichend.
Steueroasen ermöglichten es Finanzmarktakteuren, Geschäftsrisiken zu verschleiern und Gesetze zu umgehen, heißt es in der Erklärung. So könnten Privatvermögen, Unternehmensgewinne und intransparente Finanzprodukte vor dem Zugriff von Staatsanwälten sowie Steuer- und Regulierungsbehörden versteckt werden. Auch Einnahmen aus kriminellen Machenschaften seien dort vor dem Zugriff von Rechtsorganen sicher. Steueroasen machten sich deshalb an Korruption und Kriminalität sowie dem dadurch verursachten Leid mitschuldig.
Zudem entgehe in Steueroasen verstecktes Geld jenen Staaten mit strengeren Gesetzen, betont das „tax justice network", ein internationales Netzwerk von Organisationen und Einzelpersonen, die sich mit Steuergerechtigkeit befassen. Besonders die Entwicklungsländer litten darunter. Als Folge von Steuerhinterziehung blieben diese Staaten von internationalen Gebern abhängig, heißt es im Aktionsprogramm des Netzwerks vom März. Laut der „Deutschen Kommission Justitia et Pax" sind die Steuergelder, die Entwicklungsländern entgehen, höher als die Entwicklungshilfe für sie.
Felix Ehring