Weltweit werden pro Jahr rund 1,6 Milliarden Tonnen Lebensmittel weggeworfen oder auf dem Weg zu den Verbrauchern entsorgt. Gehe es weiter wie bisher, könnten die Lebensmittelverluste bis 2030 um ein Drittel auf 2,3 Milliarden Tonnen pro Jahr, beziehungsweise 66 Tonnen pro Sekunde wachsen, warnen Forscher der Boston Consulting Group (BCG) in einem Bericht.
Für den Anstieg machen die Forscher das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Industrialisierung verantwortlich. In den Industrieländern werfen vor allem Verbraucher Lebensmittel weg, während in Entwicklungsländern die meisten Verluste bei Ernte und Transport entstehen.
Die Entwicklung hat weitreichende Folgen: Schon heute gehen rund acht Prozent der globalen Treibhausemissionen auf faulende Lebensmittel zurück. Vor allem aber erschwere die Verschwendung, die globalen Hungerziele zu erreichen. Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen sehen unter anderem vor, die jährlichen Lebensmittelverluste bis 2030 zu halbieren.
Die Autoren des Berichts klagen vor allem über fehlendes Bewusstsein für das Problem. Vielen Verbrauchern sei etwa nicht klar, dass bei tiefgefrorenem Gemüse weniger Transportverluste entstehen und dieses oft sogar nahrhafter sei als frische Produkte. Verbraucher sollten eher regional und saisonal einkaufen, Gemüse aus Übersee eher tiefgefroren. Die Autoren schlagen vor, ein Öko-Label einzuführen, das Händler auszeichnet, die sich bemühen, möglichst wenig Lebensmittel zu verschwenden. Wie genau dieses gestaltet und überprüft werden solle, erklären sie nicht.
Hoffnung auf die Digitalisierung
In den Entwicklungsländern brauche es vor allem mehr geschlossene Kühlketten. Auch eine bessere Abstimmung von Nachfrage und Angebot könnte helfen, Transportverluste zu vermeiden. Die Autoren setzen dabei auf die Digitalisierung: Mithilfe von Konsumentendaten ließen sich die Nachfrage nach bestimmten Produkten einschätzen und Lieferungen besser steuern.
Der Bericht macht deutlich, wie verwoben die Lebensmittelherstellung ist – und dass sich das Problem nur international lösen lässt. Neben der Industrie steht die Politik auf nationaler und internationaler Ebene in der Pflicht. Sie könnte den Handel mit höheren Abgaben auf Lebensmittelabfällen belangen. Und sie müsste willkürliche kosmetische Standards für importiertes Obst und Gemüse abschaffen, die dazu führten, dass unpassende Produkte massenhaft entsorgt werden. Bislang, so das Urteil der Autoren, haben Gesetzgeber das Thema Nahrungsmittelverschwendung sträflich vernachlässigt.
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