Nachdem der Kurznachrichtendienst Twitter Mitte Juli mehrere Millionen gefälschter Accounts löschte, verlor Ruandas Präsident Paul Kagame auf einen Schlag rund ein Drittel seiner Follower. Von seinen 1,8 Millionen Online-Anhängern blieben noch 1,2 Millionen übrig. Der Rest waren Social Bots – Computerprogramme, die in sozialen Netzwerken menschliche Identitäten vortäuschen und automatisiert bestimmte Aufgaben erfüllen, auf die sie programmiert sind.
So verbreiten sie etwa Inhalte zu einem bestimmten Thema auf Twitter oder Facebook und nehmen an Diskussionen teil. Meist werden sie dazu genutzt, die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Das Beispiel Kagame ist kein Einzelfall und zeigt, wie viele gefälschte Accounts es in den sozialen Netzwerken mittlerweile gibt.
Laut einer Studie der Kommunikationsberatungsfirma Portland, hatten Social Bots einen enormen Einfluss auf Wahlen im vergangenen Jahr in Afrika. Laut der vierten Studie in der Reihe „Wie Afrika twittert“ sind afrikanische Regierungen in ihren Online-Wahlkämpfen nicht nur anfällig für Bots, sondern auch für gefälschte Nachrichten und Einflüsse aus dem Ausland.
Den größen Einfluss nahmen Bots in Kenia
Social Bots seien in allen zehn afrikanischen Wahlen zwischen Juni 2017 und März 2018 aktiv gewesen. Von allen untersuchten Ländern sei der Einfluss von Bots in Kenia am größten gewesen, wo ein Viertel der einflussreichen Stimmen auf Twitter automatisiert gewesen seien. In Ruanda hingegen seien nur vier Prozent der einflussreichen Tweets auf Bots entfallen. In allen Wahlen haben Bots in erster Linie dazu gedient, negative Nachrichten über Kandidaten oder angebliche Wahlfälschungen zu verbreiten und die Gemüter zu erregen.
Die Studie analysiert nicht nur den Einfluss von Social Bots, sondern auch, welche Twitter-Nutzer die Diskussionen in den Wahlkämpfen geprägt haben. So fanden die Autoren heraus, dass mehr als die Hälfte der einflussreichen Twitter-Stimmen aus dem Ausland kam. Davon entfielen 54 Prozent auf Accounts außerhalb Afrikas. Mit über einem Drittel twitterten die meisten aus den USA, gefolgt von Großbritannien (15 Prozent), Frankreich (sechs Prozent), Spanien (sechs Prozent) und den Vereinigten Arabischen Emiraten (vier Prozent). Den Einfluss von Twitter-Accounts in den Wahlkämpfen misst die Portland-Studie an der Verbreitung der häufigsten Hashtags.
Überrascht hat die Herausgeber, dass in allen Wahlen Politiker und politische Parteien nur vergleichsweise geringen Einfluss in dem sozialen Netzwerk hatten. Am stärksten wahrgenommen wurden die Tweets von Lokaljournalisten und Nachrichtenagenturen, gefolgt von Bots. Einzige Ausnahme sei Ruanda gewesen: Dort hättem viele Politiker erfolgreich getwittert und die Diskussionen beeinflusst.
Dass nur relativ wenige afrikanische Politiker einflussreich im Wahlkampf twitterten bedeute jedoch nicht, dass auf Twitter nicht über Politiker geredet wurde. Viele Top-Hashtags haben auf Politiker oder politische Parteien verwiesen, wie etwa #UmaAngolaParaTodos in Angola, #Weah in Liberia und #Kagame in Ruanda.
Portland schreibt dem Kurznachrichtendienst Twitter immer noch einen großen Einfluss zu, obwohl er durch geschlossene Netzwerke wie den Messenger von Facebook, WhatsApp oder Telegram etwas an Gewicht verliere. In der Reihe „Wie Afrika twittert“ veröffentlicht die Agentur alle zwei Jahre eine Studie, die das Verhalten afrikanischer Twitter-Nutzer erforscht und die sich wandelnde soziale Medienlandschaft auf dem Kontinent analysiert.
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