In Kapstadt steht in jeder Dusche eine flache Wanne. Sie soll das Duschwasser auffangen, damit es sich für die Toilettenspülung verwenden lässt. In Hotelbadewannen fehlen die Stöpsel, damit die Gäste erst über ihren Wasserverbrauch nachdenken, bevor sie bei Bedarf den Stöpsel an der Rezeption erhalten. In der ganzen Stadt hängen Plakate, die dazu auffordern, jeden Tropfen zu sparen. Kapstadt geht das Wasser aus. Der sogenannte „Day Zero“, an dem kein Wasser mehr aus den Hähnen kommen wird, ist zwar Mitte März abgesagt worden, doch von Entspannung kann keine Rede sein.
Trotzdem funktioniere der Alltag in der Stadt mit fast vier Millionen Einwohnern normal, sagt Gabriele Schütz-Lembach vom Verein zur Förderung der Agenda21-Partnerschaft Aachen-Kapstadt. Sie ist für das Austauschprogramm mit Kapstadt verantwortlich und hat die Partnerstadt im März besucht. Schütz-Lembach kritisiert den Alarmismus in der Berichterstattung. Bilder von Menschen, die in langen Schlangen vor Wasserzapfstellen anstehen, suggerierten ein Katastrophenszenario, meint sie. Dabei seien solche Schlangen die Ausnahme. Schütz-Lembach sieht in Kapstadt eher eine „Motivation, es gemeinsam zu schaffen“. Die Sparprogramme hätten Erfolg, und mit Hilfe von Meerwasserentsalzungsanlagen und Wasserrückgewinnung könne die Lage nun stabilisiert werden.
Der Klimawandel und die Politik verschärfen die Krise
In den vergangenen drei Jahren hat es in der Region kaum geregnet. Staudämme sind leer, der Grundwasserspiegel ist stark gesunken. Die Provinz Westkap, in der Kapstadt liegt, leidet unter dem Klimawandel: Der steigende Meeresspiegel hat zu einer Erosion der Küsten geführt, Stürme nehmen zu und die Niederschläge sinken im langfristigen Trend. Politische Umstände haben die Wasserkrise verschärft. Südafrika wird vom Afrikanischen Nationalkongress (ANC) regiert, in Kapstadt und der Provinz Westkap hat jedoch die oppositionelle Demokratische Allianz das Sagen. Daher stellt die Zentralregierung wohl nicht genug Geld zur Verfügung, um die Krise zu bewältigen. Denn sie ist für die Wasserversorgung zuständig.
Die Partnerschaft zwischen Aachen und Kapstadt stellt die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt. Sie ist aus einem Kontakt des Welthauses Aachen mit einer Bildungsorganisation im Stadtteil Khayelitsha hervorgegangen und wurde im Jahr 2000 formal besiegelt. Zahlreiche Projekte sind seitdem entstanden. Mit einem Klimaticket in Aachen werden Gartenprojekte in den Townships von Kapstadt finanziert: Geld aus der Kompensationen von Flügen fließt in den Anbau von Gemüse. Doch in der Wasserkrise vertrocknen die Gärten; die Gärtner müssten Wasser zukaufen, und dafür fehlt ihnen das Geld.
Auch München kann nicht helfen
Nicht alle Projekte funktionieren auf Dauer. Schütz-Lembach stellt fest, dass es mit den Partnern in Kapstadt manchmal schwierig sei. Die Stadtverwaltung wird umstrukturiert, nichtstaatliche Organisationen lösen sich auf. Vieles läuft über persönliche Kontakte, wenn wichtige Personen den Job wechseln, ist auch die Zusammenarbeit gefährdet. Das Projekt „Cycle your power“ etwa konnte nicht weitergeführt werden, weil es keine zuverlässigen Partner in Kapstadt gab. Die Idee war, durch das Treten in die Fahrradpedale Strom etwa für Mobiltelefone und Tablet-Computer zu erzeugen.
Autorin
Claudia Mende
ist freie Journalistin in München und ständige Korrespondentin von „welt-sichten“. www.claudia-mende.deIn der Wasserkrise jedoch kann Aachen nicht viel helfen. „Das übersteigt unsere Möglichkeiten“, sagt Schütz-Lembach. Dasselbe gilt für München. Die bayerische Landeshauptstadt hat eine Klimapartnerschaft mit Kapstadt vereinbart, in der es in erster Linie um den Transfer von Know-how geht. Es ist geplant, ein Zentrum für die Informations- und Erfahrungsaustausch zum nachhaltigen Bauen und Wohnen einzurichten. Zudem will München in einem Pilotvorhaben den Fahrradverkehr fördern, um den Anteil fossiler Brennstoffe zu senken und die Luftqualität in der Millionenstadt zu verbessern. Beim Wasser ist aber auch München ratlos. Da, so heißt es im Referat für Arbeit und Wirtschaft, verfüge die Landeshauptstadt „nicht über spezifisches Know-how“.
Neuen Kommentar hinzufügen