Das Schreiben der Initiative vom März ist von rund 60 Organisationen, darunter zahlreichen Eine-Welt-Netzwerken, unterzeichnet. Der französische Präsident Macron hatte im vergangenen November an der Universität von Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, gesagt, es sei nicht mehr akzeptabel, „dass sich ein Großteil des Kulturerbes mehrerer afrikanischer Länder in Frankreich befindet“. Er kündigte an, innerhalb der nächsten fünf Jahre die Voraussetzungen für zeitweilige oder dauerhafte Restitutionen des afrikanischen Erbes zu schaffen.
Macron leitete damit eine Kehrtwende in der französischen Kulturpolitik ein. Bisher hatten Pariser Regierungen Rückgabeforderungen stets abgelehnt. Im März wurde in Paris eine Kommission eingerichtet, die bis November die Details für eine Rückgabe entwerfen soll. Macrons Erklärung hat in Deutschland eine heftige Debatte ausgelöst. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, schrieb in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, es sei „Populismus, die Bestände völkerkundlicher Museen pauschal als Raubkunst zu bezeichnen“.
Herkunft der Exponate oft nicht geklärt
Er kritisierte Organisationen wie Berlin postkolonial, die auch für Deutschland eine Kehrtwende im Umgang mit Kulturgut aus Afrika fordern. Es gebe einen „enormen Forschungsbedarf“, um die Herkunft der Objekte erst einmal genau zu klären. Die Erwerbsgeschichten reichten vom kriegerischen Kontext bis zur gezielten Produktion für europäische Nachfrage, so Parzinger. Der westafrikanische Museumskritiker Kwame Opoku aus Köln hält diese Einwände für ein Zeichen mangelnden Respekts gegenüber Afrikanern. Europäische Museen hätten lange genug Zeit gehabt, der Herkunft ihrer Sammlungen nachzugehen. Deutschland besitzt die größten ethnologischen Sammlungen in ganz Europa. Allein das Berliner Ethnologische Museum verfügt über rund 500.000 Exponate. Bis jetzt werden sie ohne Hinweis darauf ausgestellt, wem sie ursprünglich gehörten und wie sie nach Deutschland gelangt sind.
Bei menschlichen Überresten aus den früheren deutschen Kolonien in Ost-, West- und Südafrika sind die Museen und Institute grundsätzlich bereit, diese zurückzuführen, wenn Forderungen vorliegen. Bei Kulturgütern bisher nicht. Einige ethnologische Museen in Deutschland haben damit begonnen, deren Herkunft zu erforschen, aber die Untersuchungen stehen noch am Anfang.
Der französische Vorstoß setzt die Museen unter Druck. Einige Museumsleiter haben bereits reagiert. So verlangte die Direktorin der Ethnologischen Museen in Sachsen, Nanette Snoep, eine Neukonzeption der Sammlungen, um sich konsequent von jeder kolonialen Attitüde zu lösen. Ethnologische Museen müssten zu einem Ort der Vielfalt von Stimmen und Perspektiven werden, forderte sie.
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