In Kenia geht es Flüchtlingen in Lagern wirtschaftlich besser als den in der Nachbarschaft lebenden Turkana – einer Volksgruppe, die im Nordwesten des Landes lebt. In der Hauptstadt Nairobi wiederum ist es umgekehrt: Dort sind Flüchtlinge grundsätzlich wirtschaftlich schlechter gestellt als Einheimische. Ihr Lebensstandard ist durchschnittlich jedoch besser als von Geflüchteten, die in den Lagern im Norden leben. Das geht aus einer Studie der Universität Oxford über die wirtschaftliche Lage von Flüchtlingen in Kenia hervor.
Das ostafrikanische Land beherbergt knapp eine halbe Million Flüchtlinge, vor allem aus Somalia, dem Südsudan, dem Sudan, Äthiopien und aus der Region der Großen Seen. Sie leben entweder in den großen Flüchtlingslagern Dadaab und Kakuma im Norden oder in der Hauptstadt Nairobi. In Kenia dürfen Flüchtlinge nur eingeschränkt arbeiten und sich auch nur eingeschränkt bewegen – so dürfen sie etwa die Flüchtlingslager nicht ohne Genehmigung verlassen. Trotzdem bringen sich Flüchtlinge wirtschaftlich aktiv ein und stehen mit der Gastgemeinde in vielschichtigen wirtschaftlichen Beziehungen, lautet eine zentrale Erkenntnis der Studie.
Die Arbeitslosenraten sowie die Gehälter von einheimischen Kenianern und Flüchtlingen unterscheiden sich von Ort zu Ort. Im Flüchtlingslager Kakuma verdienten arbeitende Flüchtlinge mehr als die einheimischen Turkana. Laut der Studie arbeiten von den Befragten in Kakuma zwei Drittel der Kongolesen, knapp zwei Fünftel der Somalier und ein Fünftel der Südsudanesen. Mehr als die Hälfte der Kongolesen und der Südsudanesen sind demnach beim Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) oder einer seiner Partnerorganisationen beschäftigt.
In Nairobi verdienen Einheimische das Doppelte
Dort verdienen sie monatlich zwischen 5500 und 6000 Kenianischen Schilling (KES), umgerechnet rund 43 bis 48 Euro. Von den Turkana arbeite ungefähr die Hälfte, mit einem Durchschnittsgehalt von 1647 KES pro Monat (rund 13 Euro). Der Gehaltsunterschied spiegelt sich auch in der Bildung: Flüchtlinge in Kakuma sind im Durschnitt 6,4 Jahre zur Schule gegangen, die Turkana hingegen nur 2,4 Jahre. Über 40 Prozent der Turkana verdienten ihren Unterhalt mit dem Verkauf von Feuerholz oder Holzkohle. Ihre Kunden sind vor allem Flüchtlinge, denen es verboten ist, dieser Arbeit nachzugehen. Die Turkana profitieren also wirtschaftlich von den Flüchtlingen.
Geflüchtete, die in Nairobi leben, erzielen höhere Einkünfte als Flüchtlinge in den Lagern, aber weniger als die einheimischen Städter. In Nairobi lebende Kongolesen verdienen durchschnittlich etwa 7000 KES pro Monat (rund 56 Euro), die einheimischen Nachbarn hingegen 12.650 KES (rund 101 Euro). Frauen verdienen insgesamt weniger als Männer, unter Somalierinnen und Somaliern sei die geschlechtsspezifische Gehaltslücke am größten. Auch in der Stadt korrelliert die Einkommenskluft mit der Bildung: Die einheimischen Städter sind mit 10 bis 12 Schuljahren etwas besser gebildet als Flüchtlinge mit 8 bis 10 Schuljahren.
Für die Studie befragten Teams zwischen Oktober 2016 und Juni 2017 über 4300 Flüchtlinge und Einheimische in Nairobi und in Kakuma. In Nairobi konzentrierten sie sich auf Flüchtlinge aus Somalia, dem Kongo und Einheimische, im Kakuma-Lager befragten sie Flüchtlinge aus dem Südsudan, Somalia, dem Kongo und Einwohner der umliegenden Turkana-Dörfer.
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