Die Energiewende in Afrika anschieben

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Reformpartnerschaften
Sechs Monate nach dem Start der G20-Initiative „Compact with Africa“ hat Deutschland Partnerschaften mit drei Ländern gestartet. Im Mittelpunkt stehen erneuerbare Energien und die Förderung privater Investitionen. Deutsche Unternehmen halten sich noch zurück.

Die vorerst letzte Reformpartnerschaft hat die Bundesregierung im Dezember mit Ghana geschlossen; die beiden anderen Partner sind Tunesien und die Elfenbeinküste. In der von den G20-Finanzministern angestoßenen Initiative hatten zuvor insgesamt sieben „Compact“-Länder berichtet, welche Reformen sie in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, für größere Rechtssicherheit von Unternehmen und auf dem Kapitalmarkt vorsehen. Multilaterale Finanzorganisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank, die Afrikanische Entwicklungsbank sowie die Europäische Union unterstützen die Bemühungen und koordinieren sich dabei. Als Länderpate ist Deutschland bislang allein am Start. Andere G20-Mitglieder wie Frankreich und Großbritannien beteiligen sich an einzelnen Programmen.

Damit geht die Bundesregierung zwar als Vorreiter voran. Gemessen an dem Anspruch, die Standortbedingungen für in- und ausländische Unternehmen zu verbessern, erscheint der Fokus auf erneuerbare Energien aber verengt. Aus dem Entwicklungsministerium  (BMZ) heißt es, dass sich hier die Interessen Deutschlands und der Partner getroffen haben. Und es gibt schon praktische Erfahrung. Im Auftrag des Wirtschaftsministeriums hat etwa die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Rahmen einer Exportinitiative ein Programm durchgeführt, das Einstiegsrisiken in unsicheren Märkten Afrikas und Südostasiens reduzieren sollte.

Dezentrale Energieversorgung fördern

„Wir können in der Reformpartnerschaft nicht alle Themenbereiche abdecken“, erläutert Stefan Oswald, Leiter der Unterabteilung Subsahara-Afrika im BMZ. Eine funktionierende Energieversorgung sei den Partnern wichtig. Wenn dort die Verwaltung verbessert werde, könne das in andere Sektoren wie die Wasserversorgung hineinwirken – etwa indem die Wettbewerbsbedingungen für privates Engagement verbessert werden.

In Ghana hieße das etwa, dass der Staat sich allmählich vom Anbieter zum Regulator wandelt. Die staatliche Stromversorgung ist knapp, unzuverlässig und teuer. Die staatseigene Volta River Authority wirtschaftet defizitär und trägt erheblich zur Staatsverschuldung bei, für deren Abbau der IWF zurate gezogen wird. Ihre Wasser- und Gaskraftwerke bilden das Herzstück der Stromproduktion. Anbieter dezentraler Lösungen konnten bislang nur schwer Fuß fassen.

Nun sollen mit 95 Millionen Euro finanzieller und 5 Millionen Euro technischer Zusammenarbeit über eine „Grüne Kreditlinie“ Investitionen mobilisiert werden, um die Netzinfrastruktur so auszubauen, dass erneuerbare Energien eingespeist werden können. Ghana hat im Gegenzug offene öffentliche Ausschreibungen zugesagt. Zudem soll bis Dezember 2018 das Erneuerbare-Energien-Gesetz novelliert und bis Ende 2020 eine Agentur für Erneuerbare Energien geschaffen werden. Bis Ende 2019 soll der Energiesektor finanziell saniert werden und zudem ein Instrument eta­bliert sein, das die Risiken für private Stromerzeuger mindert.

Tunesien ist schon weiter in Richtung Marktwirtschaft

Die Stromversorgung der Elfenbeinküste ist bereits weitgehend privatisiert, wirtschaftlich gesünder, wird aber wie in Ghana auch von einem großen Unternehmen dominiert. Erzeuger, die keine fossilen Brennstoffe einsetzen, sollen abseits der zentralen Netze die Elektrifizierung im ländlichen Raum steigern. Um das für private Betreiber oder Kommunen finanziell tragbar zu machen, soll ein Treuhandfonds von KfW und Europäischer Investitionsbank mehrjährige zinsgünstige Bankkredite für Investitionen absichern. Auch dafür stehen 100 Millionen Euro bereit. Die Elfenbeinküste will unter anderem Bedingungen für institutionelle Kapitalanleger verbessern und öffentlich-private Partnerschaften standardisieren.

Deutschlands dritter Reformpartner, Tunesien, das durch die Nähe zu Europa und die Ansiedlung industrieller Zulieferbetriebe auf dem Weg zur Marktwirtschaft schon weiter ist, erhält Unterstützung im Bankenwesen. Unternehmer kommen nur schwer an Kapital, ausländische Anleger scheuen Risiken. Hier sollen über verbilligte Darlehen kleine und mittlere Unternehmen gefördert werden. Tunis will im Gegenzug die Aufsicht seines Einlagensicherungsfonds verbessern und ein Kreditauskunftbüro ähnlich der Schufa einrichten.

Deutsche Unternehmen reagieren bislang verhalten auf die Partnerschaften. Weder in Ghana noch in der Elfenbeinküste würden absehbar die Türen eingerannt, winkt man in Wirtschaftskreisen ab. Natürlich wird begrüßt, wenn Monopole fallen. Aber Wirtschaftsvertreter plädieren auch für Ehrlichkeit: Kein deutscher Unternehmer werde eine lokale Fertigung aufbauen, ohne zuvor einen Vertrieb etabliert, Fachkräfte geschult und für sein Produkt einen Markt erschlossen zu haben. Schon das werde aber etwa von Ghana behindert, das für Vertriebsniederlassungen hohes Kapital und die Schaffung vieler Jobs verlange.

Nur in Tunesien scheinen deutsche Unternehmen mehr investieren zu wollen. Gespannt sind Wirtschaftsverbände, ob der Bund die Zusage einlöst, für Compact-Länder bessere Exportbürgschaften einzuräumen. Davon höre man gar nichts mehr, heißt es.Teil der Compact-Initiative der G20 sind neben Deutschlands Partnerländern noch Marokko, der Senegal, Ruanda, Äthiopien sowie seit Oktober Ägypten, Benin und Guinea.

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erschienen in Ausgabe 2 / 2018: Diaspora: Zu Hause in zwei Ländern
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