Die Initiatoren der Volksinitiative „Ja zum Verhüllungsverbot“ haben im Oktober 2017 die für eine Volksabstimmung nötigen 100.000 Unterschriften eingereicht. Noch steht das Datum der Volksabstimmung nicht fest, bis zum Urnengang dürften noch rund zwei Jahre vergehen. Die Initiative stößt bei der Bevölkerung auf große Sympathie: Eine repräsentative Umfrage der Schweizer Zeitung „Blick“ vom Januar zeigt, dass drei von vier Befragten einem Verhüllungsverbot zustimmen.
Der Bundesrat, der sich gegen ein generelles Verbot ausspricht, will der Initiative mit einem Gegenvorschlag den Wind aus den Segeln nehmen. Per Gesetz sollen künftig bestraft werden, wer Frauen dazu zwingt, ihr Gesicht zu verhüllen. Nötigung ist zwar schon heute strafbar, doch indem der spezifische Straftatbestand ausdrücklich im Gesetz genannt wird, will die Regierung ein Zeichen gegen die Unterdrückung von Frauen setzen. Der Bundesrat spricht dabei von einem „Richtungsentscheid“. Offen bleibt die Frage, wie der Zwang, die Burka zu tragen, im konkreten Fall bewiesen werden soll.. Da es sich um ein Offizialdelikt handelt, müsste die Justiz auch ein Verfahren eröffnen, wenn die betroffene Frau das nicht will. Eine Anzeige von Dritten genügt.
Befürworter und Gegner in allen Parteien
Fakt ist, dass es in der Schweiz kaum Frauen gibt, die Burka oder Nikab tragen. Von den rund 450.000 Muslimen und Musliminnen in der Schweiz tragen laut Schätzungen von Muslimorganisationen weniger als 100 Frauen eine Ganzkörperverschleierung. Dazu kommen wohlhabende Touristinnen aus Saudi-Arabien, die in Genf, Luzern oder Interlaken auf Shopping-Tour gehen. Verboten ist das Tragen einer Vollverschleierung im öffentlichen Raum bislang nur im Kanton Tessin. Dies hat zu einer Handvoll Bußgeldverfahren geführt, hatte aber sonst keine Folgen.
Wie schon das Minarettverbot, das seit 2009 in der Schweizer Verfassung verankert ist, lässt das geplante Burka- und Nikabverbot die Wogen hochschlagen. Die Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern verlaufen quer durch alle Parteien. So stößt die Initiative aus der rechtskonservativen Ecke auch bei linken Feministinnen auf Sympathie. Ultrarechte wiederum berufen sich auf den Freiheitsethos, und aus Sicht von Liberalen gehören Kleidervorschriften nicht in eine Bundesverfassung. Die Sozialdemokraten ihrerseits wollen die Initiative mit einem eigenen Gesetzesvorschlag bekämpfen, der allgemein die Rechte von Frauen stärken soll.
Die Menschenrechtsplattform humanrights.ch ruft gar dazu auf, die Volksabstimmung zu boykottieren. Die Initiative führe einzig dazu, die muslimfeindliche Stimmung im Lande weiter anzuheizen und die Gesellschaft zu spalten. Ein Boykottaufruf sei nicht undemokratisch, sondern ein Reflex „gegen den Missbrauch der direkten Demokratie“.
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