Umstrittene Kehrtwende

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Kuba
Seit Ende November regelt ein neues Abkommen die Zusammenarbeit zwischen der EU und Kuba. Es ist zunächst vorläufig in Kraft getreten - und mancher Kritiker meint, es solle gleich wieder ausgesetzt werden.

Der „Gemeinsame Standpunkt“ des EU-Ministerrates vom 2. Dezember 1996 war noch gegen das Regime von Fidel Castro gerichtet. Seine Ambitionen waren hoch. Die EU verfolgte das Ziel, in Kuba den Übergang in eine pluralistische Demokratie zu fördern. Brüssel knüpfte die umfassende Zusammenarbeit mit dem Regime an Fortschritte im Bereich der Menschenrechte und der politischen Freiheit.

Dass diese Bedingung erfüllt ist, behauptet die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini nicht. Trotzdem unterzeichnete sie im Dezember 2016 mit Kubas Außenminister Bruno Rodríguez in Brüssel das neue Abkommen, das im vergangenen Juli vom Europaparlament gebilligt wurde und Ende November vorläufig in Kraft getreten ist. An die Stelle der Konfrontation setzt das Abkommen umfassende Kooperation, die von der Landwirtschaft über Energie, Handel und Tourismus bis zu Klimaschutz, Bildung und der Gleichstellung der Geschlechter reicht.

Der Kontext hat sich nach Ansicht der europäischen Politiker und Diplomaten, die sich schließlich durchgesetzt haben, grundlegend geändert. Nach Fidels Rückzug von der Führung war dessen Bruder Raúl Castro ans Ruder des Karibik-Staates getreten. Zudem hatten bereits rund 20 EU-Staaten bilaterale Abkommen mit Kuba geschlossen und die Welt hatte sich insgesamt Havanna gegenüber geöffnet, nicht zuletzt auch die USA unter Präsident Barack Obama.

Druck gegenüber der Führung habe in der Vergangenheit nie funktioniert, sagt die Sozialanthropologin Katrin Hansing, die an der City University of New York lehrt und Senior Fellow des GIGA-Instituts in Hamburg ist. Kooperation und der damit verbundene Austausch mit der kubanischen Bevölkerung hingegen könne in Richtung Demokratie wirken.

Zeit für eine Normalisierung der Beziehungen

Der CDU-Europaparlamentarier Reimer Böge, der der EU-Delegation in der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika angehört, sagt, die Normalisierung der Beziehungen sei an der Zeit gewesen. Das bedeute aber „keinesfalls von unseren damaligen Forderungen bezüglich Menschenrechten und der politischen Freiheit der kubanischen Bevölkerung in irgendeiner Weise abzurücken“. Ähnlich wird es im Auswärtigen Dienst der EU unter Mogherini gesehen – gerade der neue Rahmen erlaube es, mit Havanna Themen anzugehen, die dort wenig genehm seien, allen voran die Menschenrechte.

In dem neuen Abkommen werden die Menschenrechte als „wesentliches Element“ festgelegt. Es enthält einen eigenen Abschnitt zu Demokratie, Menschenrechten und guter Regierungsführung und formalisiert einen schon bestehenden Menschenrechtsdialog.

Allerdings leidet das Abkommen einer kritischen Analyse zufolge auch an einem generellen Vorbehalt. Artikel 1 bestimmt, dass beide Seiten die vereinbarten Maßnahmen „gemäß ihren verfassungsrechtlichen Grundsätzen, rechtlichen Rahmenbedingungen, Rechtsvorschriften, Normen und Verwaltungsvorschriften“ umsetzen. Dies hebele die Menschenrechtsbestimmungen aus, weil Kubas Verfassung und Gesetze einen sozialistischen Staat unter Führung der kommunistischen Partei vorsähen, heißt es in einer Studie der „Civil Rights Defenders“ aus Stockholm vom Dezember 2016. Zudem hat Kuba zwei der wichtigsten Menschenrechtsübereinkommen, den UN-Zivilpakt und den UN-Sozialpakt von 1966, nur unterschrieben, nicht ratifiziert.

Kubanische Oppositionelle kritisieren Abkommen

Mehreren Dutzend kubanischen Oppositionellen genügte der Text denn auch nicht. Mit einem Aufruf an die EU-Außenbeauftragte versuchten sie Ende 2016, die Verabschiedung auf europäischer Seite zu stoppen. Sie wollten, dass Kuba zunächst klare Bedingungen erfüllt, etwa die Ratifikation internationaler Menschenrechtspakte und vollen Zugang zum Internet sowie freie Wahlen.

Kritik äußert auch der Europaabgeordnete Michael Gahler, der wie Böge zur CDU-Gruppe gehört, aber als einer von wenigen Konservativen gegen das Abkommen gestimmt hat: „Der absolute und alleinige Machtanspruch der Kommunisten ist unverändert und Gegner werden dauerhaft inhaftiert.“ Gahler zufolge müsste das Abkommen wie in einer Klausel vorgesehen schon jetzt wegen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden.

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erschienen in Ausgabe 12 / 2017: Internet: Smarte neue Welt
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