Der Dachverband nichtstaatlicher Entwicklungsorganisationen VENRO plädiert in einem Positionspapier dafür, die nächste Bundesregierung solle die „Finanzierung der Zivilgesellschaft substanziell ausbauen und ihren Anteil am BMZ-Haushalt deutlich steigern“. Die Unterstützung solle ab der neuen Legislaturperiode jährlich um 13 bis 14 Prozent steigen, erläutert VENRO-Projektleiterin Jana Rosenboom. Bis 2030 wäre der entsprechende Haushaltstitel dann mit rund 500 Millionen Euro ausgestattet.
Doch die NGOs wollen nicht nur mehr Geld. Viel weitreichender ist das Ansinnen, speziell für größere Organisationen einen neuen Fördertopf zu schaffen, aus dem strategische Programme über mehrere Jahre mit höheren Millionensummen gefördert würden. Dem Vorstand der Welthungerhilfe, Till Wahnbaeck, etwa schwebt ein Haushaltstitel zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele vor. Vor Journalisten sagte er, dieser sollte bereits 2018 mit 500 Millionen Euro gefüllt werden. Ein solches Förderinstrument würde den Globalzuwendungen für die kirchlichen Hilfswerke entsprechen: Diese können freier über das Geld verfügen als andere NGOs, die nur projektbezogene Fördermittel erhalten.
Der größte Anteil geht an Stiftungen und Hilfswerke
Für privates Engagement gibt die deutsche Entwicklungspolitik bereits heute mehrere hundert Millionen Euro jährlich aus. Der BMZ-Titel für „Zivilgesellschaftliches, kommunales und wirtschaftliches Engagement“ ist seit 2014 von 775 Millionen Euro auf 987 Millionen Euro dieses Jahr gewachsen. Der Löwenanteil entfällt auf politische Stiftungen (271 Millionen), Kirchen und deren Hilfswerke (261 Millionen) und auf Partnerschaften mit der Wirtschaft (133 Millionen). Weitere Anteile erhielten unter anderem Kommunen.
Für Projekte aller anderen privaten Träger blieben zuletzt 100 Millionen Euro, etwa ein Zehntel des Titels. Darum bewerben sich rund 250 Organisationen – kleinere um Beträge von um die 50.000 Euro, größere auch für Vorhaben bis zu drei Millionen Euro. Es gebe in anderen Ländern den Trend, dass kleinere Projektträger verdrängt würden, erläutert Christoph Hilligen aus dem VENRO-Vorstand und Leiter von World Vision. Auch dies solle durch einen neuen Titel speziell für größere Organisationen verhindert werden.
Klagen über den hohen bürokratischen Aufwand
Zugleich argumentieren die NGOs, dass die Nachhaltigkeitsziele nicht zu erreichen seien, wenn das Potenzial ihrer Netzwerke nicht stärker genutzt werde. Durch die Nähe zu lokalen Partnern verfügten sie über andere Zugänge und Möglichkeiten als staatliche Institutionen. In den ärmsten und fragilen Ländern würden Bevölkerungsgruppen erreicht, die oft vernachlässigt werden.
Anders als die Kirchen, die relativ frei über staatliche Zuschüsse bestimmen können, klagen säkulare NGOs über den hohen bürokratischen Aufwand, wenn sie staatliche Projektfinanzierungen beantragen und darüber berichten. Es gehe darum, aufwändiges Mikromanagement zu beenden und den Organisationen mehr Gestaltungsfreiheit einzuräumen. Die Kooperation mit dem BMZ solle strategischer angelegt werden, wie es auch die OECD in ihren letzten Prüfberichten zur deutschen Entwicklungspolitik empfiehlt. Außerdem könnten längerfristig angelegte NGO-Vorhaben besser mit Projekten der staatlichen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit abgestimmt werden.
Zugleich müsse die Unabhängigkeit der privaten Organisationen gewahrt bleiben, auch wenn die öffentliche Förderung steige, betont Hilligen. Allerdings dürfte das Ministerium auf Vorgaben für Einsatzregionen oder Sektoren kaum verzichten wollen. Der Dachverband hofft auf konstruktive Gespräche.
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