Die „kühnen und transformativen Schritte, die dringend notwendig sind, um die Welt auf den Pfad der Nachhaltigkeit und der Widerstandsfähigkeit zu bringen, lassen jedoch in Österreich noch auf sich warten“, heißt es in einem Brief an die Bundesregierung. Andere Länder seien da schon weiter.
Das Bündnis umfasst so unterschiedliche Organisationen wie das Rote Kreuz, die Rote Nasen Clowndoctors, den Gehörlosenbund, das Netzwerk Kinderrechte und Passivhaus Austria sowie zahlreiche kirchliche Institutionen; bis Redaktionsschluss war die Zahl der Mitglieder auf über 100 gestiegen. SDG Watch Austria ist Mitglied der 2016 gegründeten Plattform SDG Watch Europe mit Sitz in Brüssel. Eine Steuerungsgruppe bestehend aus Anneliese Vilim von der AG Globale Verantwortung, Heinz Hödl von der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz (KOO) und Thomas Alge vom Ökobüro koordiniert die Arbeit.
Die Zusammenarbeit ist niederschwellig. Es werden keine Mitgliedsbeiträge verlangt und keine komplizierten Statuten aufgestellt. Auch die Zeit für Koordinierungstreffen hält sich in Grenzen. Es sei nicht schwierig gewesen, so viele unterschiedliche Gruppen unter einen Hut zu bringen, sagt Hödl, der seit Jahresbeginn mit den Vorarbeiten befasst war. Entscheidend sei ein Bekenntnis zu den Nachhaltigkeitszielen – nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis. Einmal im Jahr soll eine Vollversammlung einberufen werden. Es gebe in Europa noch nicht viele nationale Plattformen, sagt Hödl.
Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Roten Kreuzes Österreich, vermisst in der Politik das nötige Bewusstsein. Ihm sei kein Mitglied in der Bundesregierung in Erinnerung, das sich öffentlich zu SDGs geäußert habe und dem die Ziele „ein persönliches Anliegen“ seien. Es seien mehr Entschlossenheit, ein Fahrplan und ein gesichertes Budget für die Umsetzung der SDGs nötig. Die Tschechische Republik sei ein Vorbild: „Dort sind die SDGs von der Regierung zur Chefsache erklärt und es gibt eine eigene Stabsstelle, die sich darum kümmert“, sagt Kerschbaum.
Wenn Verpflichtungen wie die Menschenrechte oder Klimaschutzauflagen nicht eingehalten werden, macht die Politik gern wirtschaftliche Sachzwänge geltend. Doch das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung WIFO hat errechnet, dass sich die Einhaltung der nachhaltigen Entwicklungsziele auf die Volkswirtschaft günstig auswirken würde. In einer Anfang 2016 veröffentlichten Studie schätzt es, dass der Staat jährlich bis zu 4,7 Milliarden Euro sparen könnte, würde er seine Subventionspolitik in den Bereichen Verkehr, Energie und Wohnen an den SDGs ausrichten. Das Sündenregister reiche von der Förderung von Dieselmotoren über die Pendlerpauschale bis zur Förderung eines nicht nachhaltigen und nicht klimafreundlichen Wohnungsbaus.
Streit um eine zusätzliche Piste für den Flughafen Wien
Ein Beispiel für eine nicht nachhaltige Planung ist die dritte Piste für den Wiener Flughafen Schwechat. Ein Verwaltungsgericht hat im Frühjahr aus Umweltgründen den Bau untersagt und sich dabei auf die Umweltbestimmungen in der niederösterreichischen Landesverfassung berufen. Ein fast einhelliger Aufschrei in Politik und Wirtschaft war die Folge. Mehrere Politiker forderten, man müsse auch die Wirtschaftsinteressen in die Verfassung schreiben.
Die Diskussion um das Staatsziel Wirtschaftswachstum habe gezeigt, „dass wir hier in die ganz falsche Richtung unterwegs sind“, sagt Thomas Alge, der Geschäftsführer des Ökobüros. Alge plädiert für neue Impulse für die Umweltpolitik, einen sachlicheren Diskurs und mehr Verantwortung für zukünftige Generationen. Die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele sei die Chance, die großen Umweltthemen – vom Klimawandel über die gesundheitsgefährdende Luftqualität bis zum Verlust an Biodiversität – mit der Sicherung von Arbeitsplätzen und der Stärkung eines innovativen Wirtschaftsstandortes in Einklang zu bringen.
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