Heidi Anguria half mehrere Monate bei der Seenotrettung vor der libyschen Küste.
Was war Ihr jüngster Einsatz?
Ich habe von Januar bis April auf dem Rettungsschiff Aquarius gearbeitet. Wir waren in internationalen Gewässern in der Such- und Rettungszone vor der libyschen Küste positioniert, um Geflüchtete aus Seenot zu retten, sie aufzunehmen, medizinisch zu versorgen und in einen sicheren Hafen zu bringen.
Wie sind Sie dazu gekommen?
In meinem Beruf geht es ja grundsätzlich darum, Menschen in Not zu helfen. Dazu kommt, dass ich mich schon immer für andere Menschen und Kulturen interessiert habe und gerne gereist bin. Auch meinen Mann, der aus Uganda stammt, habe ich bei einem meiner Einsätze kennengelernt.
Was sagen Sie zu den in letzter Zeit geäußerten Vorwürfen, Hilfsorganisationen arbeiteten Schleppern in die Hände?
Diese Vorwürfe sind unhaltbar, und sie sind schlecht für die Arbeit der Hilfsorganisationen. Ich verstehe ja, wenn jemand sagt, es können nicht alle kommen. Aber dieses Problem muss man dann politisch lösen, nicht durch Ertrinken. Wenn Sie einmal sehen, in welchen Nussschalen die Menschen über das Meer kommen und wie erschöpft sie körperlich und seelisch sind, dann haben Sie nur einen Gedanken: Helfen!
Mit wem würden Sie gerne einmal streiten?
Ich mag eigentlich überhaupt nicht streiten. Ich bin ein sehr friedfertiger Mensch, der Ruhe sucht und Ausgleich.
Was sind die Hochs und Tiefs Ihrer Arbeit?
Jeder Augenblick, in dem ich einem Menschen auf dem Schiff oder auch bei unseren vielen Projekten an Land helfen kann, bringt ein Glücksgefühl. Wenn sich jemand beim Abschied bei uns dafür bedankt, dass wir ihm das Leben gerettet haben und er uns immer in Erinnerung behalten wird – das treibt uns schon die Tränen in die Augen. Hart sind immer wieder die Momente, in denen wir nicht wirksam arbeiten dürfen. Das habe ich beispielsweise schon mehrfach im Südsudan erlebt, der stark von ethnischen Auseinandersetzungen geprägt ist. Eine Million Menschen sind bereits von dort nach Uganda geflohen. Vielen Menschen geht es sehr schlecht, und sie brauchen dringend medizinische Hilfe. Dennoch werden wir immer wieder blockiert, weil unsere Hilfe Angehörigen der jeweils „falschen“ ethnischen Gruppe zugutekommen würde. Die Behörden lassen uns dann einfach nicht in das jeweilige Gebiet. Da ist Hartnäckigkeit gefragt. Aber streiten würde auch nicht helfen.
Das Gespräch führte Barbara Erbe.
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