Der „Kontrast-Blog“, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SPÖ-Parlamentsfraktion seit 2016 betreiben, listet Projekte auf, für die der Hersteller von Zucker, Stärke und Fruchtzubereitungen Agrana, der Lebensmittelkonzern Hofer (Aldi) sowie der Kranhersteller Palfinger Fördermittel erhalten haben. Im Fall Agrana werden mit den öffentlichen Geldern Projekte mit Früchtelieferanten in Mexiko und auf den Fidschi-Inseln gefördert, Hofer verwendet den Zuschuss in einem Shrimps-Projekt in Indien und Palfinger bezahlt mit den ADA-Mitteln die Ausbildung von Schweißtechnikern und Mechatronikern in China.
In allen drei Fällen handelt es sich um Länder, die nicht zu den klassischen Entwicklungsländern zählen. Keines davon ist ein Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Die liegen mit Ausnahme des Himalaja-Königreiches Bhutan allesamt in Afrika. Laut Weltbank zählen bis auf Indien alle drei Staaten zu den Ländern mit mittlerem Einkommen im oberen Bereich (upper middle income countries). Nach den Kriterien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind Förderungen in diesen Ländern als Entwicklungshilfe anrechenbar.
Deswegen will die ADA die Kritik nicht gelten lassen. „Es werden Projekte in Entwicklungsländern laut OECD-Definition unterstützt, die einen messbaren entwicklungspolitischen Beitrag leisten“, erklärte ADA-Geschäftsführer Martin Ledolter gegenüber der österreichischen Presseagentur APA. Im Jahr 2016 hat die ADA laut eigenen Angaben 4,4 Millionen Euro für Partnerschaften mit der Wirtschaft ausgegeben. Insgesamt seien in zwölf Jahren 9000 Unternehmen gefördert und 4900 Arbeitsplätze geschaffen worden. Fast die Hälfte der geförderten Projekte liegt in Süd- und Südosteuropa.
Hätten die Firmen auch ohne Förderung investiert?
Petra Bayr, die entwicklungspolitische Sprecherin der SPÖ, ist nicht grundsätzlich gegen Wirtschaftspartnerschaften: „Es ist sinnvoll und wichtig, dass die Wirtschaft funktioniert.“ Doch sei nicht einzusehen, „warum österreichische Großkonzerne gefördert werden müssen, die auch ohne Entwicklungsgelder investiert hätten“. Bei den kritisierten Projekten sei nicht klar, welche wirtschaftliche Wirkung sie haben und ob Arbeitsplätze geschaffen werden.
Die Schwerpunktverschiebung der Entwicklungspolitik in Richtung Unternehmen hat Bayr schon beobachtet, bevor Sebastian Kurz Außenminister wurde. Aber wenn man wie Kurz Außenpolitik als österreichische Wirtschaftsförderung betreibe, „dann passt das natürlich ins Konzept“, sagt sie. Kurz hat das österreichische Botschaftsnetz so gestaltet, dass es vor allem Marktchancen für Unternehmen ausmachen soll. Politische Gestaltungsmöglichkeiten Österreichs werden kaum wahrgenommen. Kurz hat sogar einen eigenen „Unternehmensservice“ im Ministerium gegründet, der sich laut Eigenbeschreibung darum kümmert, „das weltweite Netzwerk von 100 Botschaften und Konsulaten stärker in den Dienst der Wirtschaft zu stellen“.
Annelies Vilim, die Geschäftsführerin der entwicklungspolitischen Dachorganisation Globale Verantwortung, findet es grundsätzlich sinnvoll, „wenn man den großen Firmen entwicklungspolitische Inhalte nahebringen kann“. Doch sei nicht immer klar, ob nicht Exportförderung durch die Hintertür betrieben werde: „Es darf mit Entwicklungsgeldern keine Wirtschaftsförderung im klassischen Sinn betrieben werden. Die Gelder müssen immer der Armutsbekämpfung dienen.“ Sie sieht die Gefahr, dass wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen und entwicklungspolitische Ziele in den Hintergrund rücken: „Menschenrechtliche und ökologische Standards dürfen keinesfalls verletzt werden.“
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