Mitte Januar hatte die lateinamerikanische und karibische Nachrichtenagentur ALC das Ende der Eiszeit zwischen dem Klerus und der Regierung gemeldet und sich dabei auf den Bischof der Diözese von Granada, Jorge Solorzano, berufen. Mittelsmänner der Kirche hätten bereits Gespräche mit der Regierung geführt, zitiert ALC den Bischof. Dabei sei es vor allem um die Themen Arbeitslosigkeit, Sicherheit sowie den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung gegangen.
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Zum Bruch zwischen den Sandinisten und weiten Teilen des Klerus war es im vergangenen Sommer gekommen, nachdem klar geworden war, dass Daniel Ortega sich im November verfassungswidrig zur Wiederwahl stellen würde. Die Mehrheit der Bischöfe hatte das öffentlich kritisiert. Außerdem warfen sie Ortega vor, im Wahlkampf religiöse Elemente zu Propagandazwecken zu missbrauchen. Der Präsident hatte mehrfach die Revolution als ein Werk Gottes bezeichnet und für die sandinistische Befreiungsfront reklamiert, sie handle im Auftrag Gottes. Auf die Kritik der Kirchenmänner hatte Ortega mit Beleidigungen reagiert und einzelne Bischöfe als Parteigänger des alten Diktators Somoza beschimpft.
Doch nun deutet vieles darauf hin, dass die katholische Kirche dieses Kapitel vergessen will und sich offenbar damit arrangiert, dass Ortega weitere vier Jahre an der Macht sein wird. Für Thomas Krämer-Broscheit von der Christlichen Initiative Romero kommt dieser Schwenk nicht unerwartet. „Die katholische Kirche in Nicaragua hat meist auf Seiten der Herrschenden gestanden“, sagt der Länderreferent für Nicaragua. Auch bei den jüngsten Auseinandersetzungen während des Wahlkampfs seien sich die Bischöfe in ihrer Haltung gegenüber den Sandinisten nicht einig gewesen. „Ortega hat es schon immer gut verstanden, einzelne Personen aus der Kirchenhierarchie auf seine Seite zu ziehen, indem er zum Beispiel Projekte in deren Gemeinden finanziert oder andere Vergünstigungen gewährt.“
Einen prominenten katholischen Wahlkampfhelfer hatte der Präsident in der Person von Kardinal Miguel Obando y Bravo gefunden. Der emeritierte Bischof von Managua, der in den 1970er Jahren aktiv Widerstand gegen die Diktatur Somozas geleistet und danach auch offen gegen die Sandinisten opponiert hatte, hatte im Wahlkampf sogar mit Fernsehspots für Ortega Werbung gemacht. Dieser hat längst erkannt, wie wichtig es ist, in einem Land, in dem mehr als zwei Drittel der Bevölkerung Katholiken sind, als christliche Partei wahrgenommen zu werden. So kann zum Beispiel Ortegas rigorose Haltung in der Abtreibungsfrage als eine Gefälligkeitsgeste gegenüber der katholischen Kirche verstanden werden.
Von einem solchen Kotau profitieren immer beide Seiten. „Die Sandinisten und die katholische Kirche unterstützen sich seit langem gegenseitig“, sagt Hans Zeller, Lateinamerika-Referent bei Mission Eine Welt, dem evangelischen Missionswerk in Bayern. Ortegas Strategie zum Machterhalt funktioniere deswegen so gut, weil die meisten Menschen in Nicaragua die katholische Kirche nicht hinterfragten. „Zwar hat ein Großteil der Bevölkerung wie auch zahlreiche Bischöfe den Verfassungsbruch, den Ortega durch seine Wiederwahl begangen hat, sehr deutlich wahrgenommen. Nun arrangieren sich aber viele mit der Situation und betonen wieder, wie viel Gutes Ortega für das Land getan habe“, sagt Zeller. Nur Einzelpersonen gingen dauerhaft in die Opposition. „Dabei ist die Armut in Nicaragua unüberschaubar.“
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