Eine brisante Krise in der Demokratischen Republik Kongo hat die dortige katholische Bischofskonferenz Ende Dezember entschärft: den Streit, ob Staatspräsident Joseph Kabila abtreten muss. Seine Amtszeit endete am 19. Dezember und da er nach der Verfassung nicht wieder kandidieren darf, versucht er seit zwei Jahren Neuwahlen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. Das hat Straßenproteste in Kinshasa und anderen Städten hervorgerufen. Die Sicherheitskräfte gingen dagegen rücksichtslos vor; Dutzende Menschen starben.
An Silvester haben die Bischöfe nun eine Einigung zwischen Kabilas Lager und der Sammlung der Oppositionsparteien erwirkt. Sie sieht vor, dass Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sowie Wahlen in den Provinzen bis Ende 2017 stattfinden. Vorher darf die Verfassung nicht geändert werden, Kabila kann also nicht wieder antreten. Er bleibt vorerst Präsident, es soll aber ein neuer Premierminister aus der Opposition eingesetzt werden und ein Rat unter Führung der Opposition die Umsetzung überwachen.
Die Kirche hat im Kongo politisches Gewicht, aber letztlich hat Kabila unter Druck von außen nachgegeben. Die USA hatten Mitte 2016 mehrere seiner Getreuen mit gezielten Finanzsanktionen belegt; die Europäische Union (EU) folgte Mitte Dezember. Und Angola, eine Stütze von Kabilas Regime, hat ihn aufgefordert einzulenken – aus Angst vor einem neuen Bürgerkrieg im Nachbarland.
Diese Gefahr ist nun geringer. Auf dem Weg zu einer Demokratie ist der Kongo damit aber noch nicht. Das Abkommen lässt zentrale Streitpunkte offen: wer den neuen Premier aussucht, was ein realistischer Zeitplan für Wahlen ist und ob die fragwürdigen Gerichtsverfahren gegen den populärsten Oppositionspolitiker, Moise Katumbi, fallen gelassen werden. Wenn der im Exil bleiben muss, nützt das auch manchen Oppositionsparteien.
Das Abkommen ist ein Handel innerhalb der politischen Klasse. Die Straßenproteste wurden aber stark von Studierenden und Demokratie-Aktivisten getragen, deren Bewegungen den Kompromiss nicht mittragen. Sie können zu seinen Verlierern werden, denn die Opposition soll nun zunächst gemeinsam mit Kabilas Lager regieren; gut möglich, dass einige ihrer Führer sich kooptieren lassen. Zudem hat das Regime bisher nur einen Teil der verhafteten Aktivisten freigelassen, die Verfahren gegen sie nicht eingestellt, und unabhängige Medien bleiben verboten.
Kabila klebt auch deshalb an seinem Amt, weil er dort vor Anklagen wegen Amtsmissbrauchs sicher ist. Er und seine Familie haben im Kongo ein Geschäftsimperium geschaffen, zu dem unter anderem Minen und Banken gehören. Dass das Regime dem Staat Milliarden stiehlt oder zu stehlen erlaubt, ist ein Mittel des Machterhalts: Kabila bindet damit Gefolgsleute an sich und stellt manche Gegner ruhig. Gezielt schwächt er auch Institutionen, in denen konkurrierende Machtzentren entstehen könnten wie das Militär. So konnte er in einem Land, das vom Krieg zerrissen war und im Ostkongo noch immer ist, seine Herrschaft festigen. Den Aufbau öffentlicher Institutionen, die nicht an Personen gebunden sind, und die Beilegung von lokalen Kämpfen verhindert diese Herrschaftsmethode jedoch.
Zu erwarten ist, dass Kabila weiter Wahlen verzögert, die in dem kaum erschlossenen Land tatsächlich sehr schwierig sind. Oder er manipuliert sie wie schon 2011, nachdem er einen Nachfolger unter seinen Getreuen gekürt hat. Um beides zu erschweren, sollten die USA und die EU jeden mit Finanzsanktionen und Reiseverboten belegen, der das Abkommen sabotiert – notfalls auch Kabila. Sie sollten Finanzhilfe für die Wahlen zusagen und den Urnengang über die Vereinten Nationen mit organisieren. Und sie sollten die Demokratiebewegungen unterstützen und ein Ende der Repression einfordern.
Dann könnte das Abkommen im Kongo den Weg zum ersten Regierungswechsel durch Wahlen öffnen. Doch so wichtig das wäre: Niemand sollte es mit dem Sieg der Demokratie verwechseln. Auch eine neue Regierung wird Loyalität kaufen müssen. Patronage und Günstlingswirtschaft können nur langfristig zurückgedrängt werden; dazu müssten Organe wie die Justiz und öffentliche Dienste ausgebaut werden und mehr Bürger Rechenschaft von Staatsorganen verlangen. Europa und Amerika können das erleichtern, indem sie die internationalen Kontrollen für Geldwäsche verschärfen und Rohstoffkonzernen mehr Transparenz verordnen. Leider scheint aber die neue US-Regierung sich kaum für Afrika oder globale Regulierung zu interessieren, und die Europäer zaudern im Kongo. Kabila wird es freuen.
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