Wo liegt das Problem?
Von Uhren, Autos bis zu Smartphones: Kupfer ist in Form von Kabeln oder Drähten in vielen Alltagsgegenständen verbaut – und die Nachfrage nach dem Rohstoff wird weiter zunehmen. Deutschland ist der drittgrößte Importeur von Kupfererz, der Großteil stammt aus Peru, Chile und Argentinien.
Vor allem in den Kupferminen in Peru kam es in der Vergangenheit häufig zu Verstößen gegen Menschenrechte. So beklagen etwa Anwohner der Mine Tintaya Antapaccay in der Region Espinar im Süden des Landes seit Jahren, der Kupferabbau verschmutze ihre Wasserreserven mit giftigen Schwermetallen; der Betreiber Glencore bestreitet das. Bei Protesten gegen die Verschmutzung wurden 2012 mindestens zwei Menschen getötet.
Der deutsche Kupferimporteur Aurubis bekannte 2013 in einem Interview, er habe Kupfer aus der Mine Tintaya Antapaccay bezogen. Ob das noch immer der Fall ist, sagt Aurubis nicht. Das kritisieren Menschenrechtler: Wer nicht preisgibt, woher seine Rohstoffe stammen, kann auch nicht für dortige Missstände belangt werden.
Inwiefern sind deutsche Importeure überhaupt für ihre Lieferketten verantwortlich?
Die Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen verlangen von Unternehmen, dass sie mit der „gebührenden Sorgfalt“ agieren, um Menschenrechtsverletzungen entlang ihrer Lieferkette zu verhindern – sie tragen also eine Mitverantwortung. Wie das in der Praxis aussieht, hat die Politikwissenschaftlerin Melanie Müller in ihrer Studie anhand des weltweiten Handels mit Kupfer untersucht.
Zentraler Akteur in der Wertschöpfungskette sind die Kupferschmelzen in den Abnehmerländern. Sie importieren die Erze und schmelzen daraus sogenannte Kupferkathoden, die dann meist von anderen Unternehmen zu Kabeln, Drähten oder anderen Produkten verarbeitet werden. Die Kupferschmelzproduzenten hätten durch ihre Marktmacht einen großen Einfluss auf die Bedingungen, unter denen das Erz abgebaut und das Kupfer daraus gewonnen wird, argumentiert die Autorin. Das Hamburger Unternehmen Aurubis betreibt einer der weltweit größten Kupferschmelzen und ist der mit Abstand wichtigste Importeur des Metalls nach Deutschland. Damit trage Aurubis eine besondere Verantwortung.
Denn weiterverarbeitende Unternehmen seien auf die Transparenz der Schmelzen angewiesen, wenn sie ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und sicherstellen wollen, dass in ihren Handys oder Autos kein Kupfer steckt, das unter zweifelhaften Bedingungen geschürft wurde.
Wie transparent ist Aurubis?
Die Studie stellt Aurubis ein geteiltes Zeugnis aus. Das Unternehmen nennt auf seiner Webseite die Herkunftsländer der Rohstoffe und erklärt in einem Nachhaltigkeitsbericht, wie es Menschenrechtsverletzungen vermeiden will. So erwarte man von den Handelspartnern, dass sie sich an geltende Gesetze halten und Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen beachten. Komme es zu Verstößen, suche man das Gespräch mit den Lieferanten.
Aus welchen Minen das Kupfer stammt, legt Aurubis dagegen nicht offen. Die Schmelze bezieht die Erze direkt von großen Bergbauunternehmen sowie von Handelshäusern. Aus einem Fragebogen, den Müller für die Studie ausgewertet hat, geht hervor, dass Aurubis einen Großteil der Rohstoffe direkt einzelnen Minen zuordnen kann. Das Unternehme mache aber aus Vertrags- und Wettbewerbsgründen keine Angaben über Lieferanten.
„Aurubis ist bemüht, aber der letzte Schritt fehlt“, sagt Müller. Ohne mehr Transparenz hätten die verarbeitende Industrie und die Verbraucher keine Informationen über die Herkunft der Produkte in der Hand. Zudem wüssten mögliche Opfer von Menschenrechtsverletzungen nicht, an wen sie ihre Beschwerden richten könnten.
Welchen Einfluss hat der neue Aktionsplan der Bundesregierung?
Der vor kurzem von der Bundesregierung verabschiedete „Aktionsplan für Menschenrechte und Wirtschaft“ ruft Firmen, insbesondere solche mit mehr als 500 Mitarbeitern, zwar dazu auf, ihre Lieferketten zu überprüfen und Verstöße gegen Umweltauflagen und Arbeitsrechtsverletzungen zu verhindern. Sie sind aber nicht dazu verpflichtet und müssen Verstöße nicht einmal dokumentieren.
Für Melanie Müller greift der Plan deshalb zu kurz. Sie fordert in ihrer Studie, dass Unternehmen zu mehr Transparenz verpflichtet werden müssten. Sie müssten offenlegen, welche Menschenrechtskriterien sie in ihren Verträgen festschreiben und wie sie diese überprüfen. Diese Informationen könnten dann von einer zentralen Stelle veröffentlicht werden. Es würde auch die Unternehmen entlasten, wenn die Politik klarer formuliere, was von ihnen erwartet wird, meint die Autorin.
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