Seit dem Jahr 2000 ist der Gesamtwert des Welthunger-Indexes von 30,0 auf 21,3 und damit um 29 Prozent gefallen – für die Welthungerhilfe ein Zeichen der Ermutigung, aber kein Grund zur Entwarnung. Die Organisation gibt den Index gemeinsam mit dem Internationalen Forschungsinstitut für Ernährungs- und Entwicklungspolitik (IFPRI) in Washington heraus.
Der diesjährige Index mit Daten aus 118 Ländern zeigt, dass 22 von ihnen bemerkenswerte Fortschritte gemacht haben. Dazu zählen etwa Ruanda und Myanmar, die ihre Werte um mindestens die Hälfte verringern konnten. 70 weitere Länder verbesserten ihre Werte um 25 bis 49,9 Prozent.
In sieben Ländern wird die Lage dagegen als „sehr ernst“ eingestuft. Darunter sind unverändert die Subsahara-Staaten Zentralafrikanische Republik und Tschad – die beiden Länder mit dem höchsten Hungerwerten – sowie Sierra Leone, Madagaskar, Jemen und Haiti. In weiteren 43 Ländern gelte die Hungersituation weiter als „ernst“.
Keine Daten zu Syrien und Libyen
Krieg und Konflikte, schlechte Regierungsführung und Korruption vereitelten viel zu oft mögliche Erfolge, sagte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann bei der Vorstellung des Indexes in Berlin. Als Beispiele nannte sie neben Syrien auch fragile Staaten wie Libyen und Somalia sowie Sudan oder Eritrea, für die keine ausreichenden Daten vorlägen. „Wenn nicht in die Bekämpfung der Kriegsursachen investiert wird, wird es Herausforderungen auch in der Hungerbekämpfung geben“, mahnte sie.
Zugleich zeige der Index, wie Regierungen, die den Kampf gegen die Unterernährung zur Chefsache erklären, viel erreichen könnten, betonte Klaus von Grebmer vom IFPRI. Wie zuvor in Thailand zeige sich das inzwischen in Äthiopien. Dort habe der Regierungschef eine Plattform eingerichtet, damit verschiedene Ministerien ihre Arbeit besser koordinieren könnten. Der Norden könne eine solche Zusammenarbeit unterstützen.
„Wir müssen darauf drängen, dass die Ernährungssicherung absolute Priorität in den Entwicklungsplänen der betroffenen Länder hat“, betonte Dieckmann. Denn noch immer leiden 795 Millionen Menschen weltweit chronisch Hunger. Jedes vierte Kind ist in seinem Wachstum zurückgeblieben, acht Prozent der Kinder sind ausgezehrt. Die Sorgenregionen bleiben Afrika südlich der Sahara und Südasien. Ost- und Südostasien, der Nahe Osten und Nordafrika, Lateinamerika und die Karibik sowie Osteuropa und die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten „mäßige“ oder „niedrige“ Hungerwerte.
Unterschiede innerhalb der Länder verdeckt
Nationale Durchschnittwerte verdecken zugleich, wie stark einzelne Bevölkerungsgruppen oder Regionen unter Hunger leiden. Im mexikanischen Bundesstaat Chiapas sind fast ein Drittel der Kinder im Wachstum verzögert, doppelt so viele wie im Landesdurchschnitt. Ähnlich krasse Unterschiede gibt es in Sambia zwischen dem wohlhabenderen Kupfergürtel und den ärmeren nördlichen Provinzen.
Die Frage, ob der Hunger entsprechend den UN-Nachhaltigkeitszielen bis 2030 besiegt werden kann, beantworten die Verfasser des Index eindeutig mit: „Ja, wenn der Wille vorhanden ist.“ Der Trend stimme, sagte von Grebmer. Modelle für Erfolge gebe es in Thailand, Brasilien oder Vietnam. Allerdings müssten Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ihre Anstrengungen deutlich verstärken und beschleunigen. Andernfalls werde der Hunger laut Erkenntnissen von IFPRI in etwa 40 Ländern fortbestehen.
Entwicklungsminister Gerd Müller sieht die Arbeit seines Ministeriums durch die neuesten Daten des Welthunger-Indexes bestätigt. „Hunger ist der größte vermeidbare Skandal auf unserem Planeten“, betonte er. Mit seiner Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ investiere das BMZ jährlich rund 1,5 Milliarden Euro in Ernährungssicherung und Landwirtschaft. In 13 grünen Innovationszentren gelinge es, „mit einfachen Mitteln die Erträge in der Landwirtschaft zu steigern, eine Lebensmittelproduktion vor Ort aufzubauen und die Ernährung der Menschen so nachhaltig zu sichern.“
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