Das Islamzentrum soll „zur Versachlichung der oft polarisierten Islamdebatte beitragen“, wie sein Ko-Leiter Hansjörg Schmid bei der Eröffnung erklärte. Der Theologe und Experte für interreligiöse Ethik hat das Amt Anfang des Jahres in einem aufgeheizten politischen Klima angetreten. Seit die Freiburger Universität 2013 die Pläne für die Einrichtung eines Islamzentrums publik gemacht hat, kämpft die rechtskonservative SVP gegen das Projekt. Mit einer Volksinitiative wollte die Partei der von ihr befürchteten „staatlich finanzierten Ausbildung von Imamen“ vorsorglich einen Riegel vorschieben.
Zwar hat die Initiative die notwendige Unterschriftenzahl erreicht, doch wird das Stimmvolk voraussichtlich nicht darüber befinden. Denn laut einem Gutachten zweier Verfassungsrechtler verstößt die Initiative gegen das Diskriminierungsverbot in der Bundesverfassung. Kantonsregierung und Parlament haben das Volksbegehren in der Folge für ungültig erklärt – eine heikle Entscheidung in einem Land mit direktdemokratischer Tradition. Gegen diesen „Verrat am Volk“ will sich die SVP bis vor dem Bundesgericht wehren. Die Entscheidung der obersten Richter aus Lausanne steht noch aus. 2013 hatte das Gericht im Falle einer Anti-Koran-Initiative eine Kantonsbehörde gestützt, die die Initiative für ungültig erklärt hatte.
Die von Rechtspopulisten geschürte Angst, am Islamzentrum würden mit Steuergeldern islamische Theologen ausgebildet, ist unbegründet. Das Zentrum definiert sich als Kompetenzzentrum zu Fragen rund um den Islam; es soll ein friedliches Zusammenleben von Muslimen und anderen Gruppen fördern. Dabei setzt es vor allem auf Weiterbildungsangebote, etwa zum Thema Radikalisierung. Und dies mit Erfolg: Ein entsprechendes Seminar war so schnell ausgebucht, dass es im Herbst wiederholt wird. Daran teilgenommen hatten unter anderen Sozialarbeiter, ein Gefängnisdirektor sowie Mitglieder muslimischer Vereine.
„Die Muslime sind unsere Partner, nicht Gegner“
„Wichtig ist uns die Zusammenarbeit mit muslimischen Experten und Multiplikatoren“, betont Zentrumsleiter Schmid in einem Interview mit dem Uni-Magazin. „Die überwältigende Mehrheit der Muslime sind ja unsere Partner und nicht Gegner.“ Es sei wichtig, Netzwerke aufzubauen, damit Schulen, Moscheen oder Jugendzentren Ansprechpartner hätten. Hauptziel der islambezogenen Weiterbildung sei ein „friedliches und konstruktives Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft“. Als neue Kräfte der Zivilgesellschaft müssten muslimische Organisationen lernen, wie diese funktioniert, „sie müssen Kompetenzen erwerben können, um mitmachen zu können“. So werden im Rahmen des Projektes „Muslimische Organisationen als gesellschaftliche Akteure“ landesweit 25 Workshops angeboten.
Die Idee eines nationalen Kompetenzzentrums geht auf die vom Schweizer Stimmvolk 2009 angenommene Initiative für ein Bauverbot von Minaretten zurück. Der rein symbolische Entscheid – in der Schweiz gibt es kaum Minarette – zeigte ein Unbehagen in der Bevölkerung gegenüber dem Islam und schreckte die Behörden auf. 2010 setzte der Bund eine Arbeitsgruppe ein, um den Bedarf nach Aus- und Weiterbildung rund um das Thema Islam zu klären. Sechs Jahre dauerte es schließlich, bis das Freiburger Zentrum für Islam und Gesellschaft seinen Betrieb aufnahm. Finanziert wird es hauptsächlich vom Bund und der Schweizerischen Hochschulkonferenz.
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