Im Koalitionsvertrag bekennt sich die Regierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zu den Millenniumszielen der Vereinten Nationen. Alle Ressorts der Landesregierung sollen Eine-Welt-Aspekte stärker als bisher berücksichtigen. Außerdem wollen die Koalitionäre die entwicklungspolitische Bildungsarbeit ausbauen, die Nordrhein-Westfalen schon bisher mehr gefördert hat als andere Bundesländer. Die Vorhaben der neuen Regierung klingen ehrgeizig: „Wir wollen Fördermittel einsetzen, um die Bildungsarbeit zu stärken“, heißt es im Koalitionsvertrag. Das ehrenamtliche zivilgesellschaftliche Engagement soll unterstützt und die kommunale Eine-Welt-Politik neu aufgestellt werden. Außerdem sei geplant, „das erfolgreiche Koordinatorenprogramm zu stabilisieren und weiterzuentwickeln“.
Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland, das über ein solches Programm verfügt; die Landesregierung und InWent (Internationale Weiterbildung und Entwicklung) fördern es mit 800.000 Euro pro Jahr. In zwölf Regionen und zehn Fachstellen unterstützen Koordinatoren das ehrenamtliche Engagement von mehr als 3000 Gruppen und Vereinen in Nordrhein-Westfalen. Sie thematisieren Eine-Welt-Fragen in der Öffentlichkeit, motivieren zum entwicklungspolitischen Engagement, vernetzen die ehrenamtlichen Akteure und schaffen damit neue Möglichkeiten der Kooperation.
„Programm nicht in seiner Substanz gefährden“
Laut Koalitionsvertrag verpflichtet sich die neue Regierung aber auch zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen. Nach Angaben des Arbeitskreises Steuerschätzung ist in Nordrhein-Westfalen mit einem Rückgang der Steuereinnahmen um bis zu vier Milliarden Euro bis 2013 zu rechnen. Konflikte zwischen dem Sparziel und den entwicklungspolitischen Vorhaben sind daher bereits vorprogrammiert.
Angelika Schwall-Düren (SPD), Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien und auch für den Bereich Eine Welt zuständig, warnt deshalb „vor allzu großen Erwartungen“. Über Geld werde erst in den Haushaltsverhandlungen entschieden. „Es wäre deshalb momentan unredlich, mehr Geld zu versprechen“, sagt die Ministerin. Ihr Ziel ist es, die bestehenden Koordinatorenstellen finanziell besser abzusichern, „um das Programm nicht in seiner Substanz zu gefährden“. In den vergangenen fünf Jahren sind die Sach- und Personalkosten gestiegen, nicht aber die Zuschüsse. Auch durch Umschichtung von Fördermitteln könne vieles erreicht werden. „Die Qualität der Arbeit und die Stärke des Engagements hängen nicht nur von der Höhe der Haushaltsmittel ab“, meint Schwall-Düren.
Außer in der Bildungsarbeit will sich die Landesregierung auch in der fairen Beschaffung engagieren. Der öffentliche Einkauf soll in Zukunft soziale und ökologische Kriterien berücksichtigen. Ein Antrag der Grünen in der vergangenen Legislaturperiode, beim öffentlichen Einkauf Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit zu vermeiden, war im April 2008 noch an den Stimmen von CDU und FDP gescheitert. Die seit 2007 bestehende Partnerschaft Nordrhein-Westfalens mit Ghana soll weitergeführt werden. Die rot-grüne Koalition will aber in der Zusammenarbeit mit dem westafrikanischen Land einen neuen Schwerpunkt auf erneuerbare Energien legen.
Für Udo Schlüter vom Eine-Welt-Netz Nordrhein-Westfalen klingen die Vorhaben der neuen Landesregierung „zumindest auf dem Papier sehr positiv“. Das Eine-Welt-Netz hatte während der Koalitionsverhandlungen alle fünf Parteien im Düsseldorfer Landtag über seine Vorstellungen zur Eine-Welt-Politik im Bundesland informiert. „Viele unserer Überlegungen sind in den Koalitionsvertrag eingeflossen“, urteilt Schlüter zufrieden. Man werde aber genau verfolgen, wie ernst die neue Regierung es mit ihren Zielen meint.