Lutheraner: Das tägliche Brot gerechter verteilen

Der Lutherische Weltbund (LWB) hat die Kirchen und die Staatengemeinschaft zu größeren Anstrengungen im Kampf gegen den Hunger und den Klimawandel aufgerufen. Bei ihrer 11. Vollversammlung in Stuttgart befassten sich die Lutheraner Ende Juli auch mit der Gleichstellung von Frauen und einer gerechteren Finanzordnung. Der palästinensische Bischof Munib A. Younan wurde zum neuen Präsidenten des Weltbundes gewählt.

Unter dem Motto „Unser tägliches Brot gib uns heute“ waren rund 400 Delegierte aus aller Welt zusammengekommen, um über aktuelle gesellschaftspolitische und kirchliche Fragen zu diskutieren. In ihrer Abschlussbotschaft kritisierten sie die mangelnde Ernährungsgerechtigkeit. Während große Teile der Weltbevölkerung Hunger litten, würden in den reichen Ländern 40 Prozent aller Nahrungsmittel nicht gegessen, sondern weggeworfen. Die Hilfe für Hungernde müsse mit Entwicklungsarbeit und Bildung verknüpft werden. Die Menschen sollten befähigt werden, für ihre Rechte und ein Leben in Würde zu kämpfen.

Zum Klimawandel erklärte die Versammlung, das Zeitfenster für eine Reduzierung von Treibhausgasen werde kleiner. Die Industrie­länder müssten ihre Kohlendi­oxidemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 verringern. Ferner müssten gerechte Instrumente geschaffen werden, um Programme zur Bewältigung des Klimawandels in Entwicklungsländern zu finanzieren. Dafür sollten sich die Kirchen bei ihren Regierungen einsetzen.

Der Ausschluss von Frauen sei „ein Verlust“ für die Kirche

Bei ihrer Versammlung forderten die Lutheraner außerdem eine neue internationale Finanzordnung, die sich an Gerechtigkeit und der Achtung von Menschenrechten und Umwelt orientiert. Die Finanzkrise habe die Verschuldung verschärft. Diese bleibe ein großes Hindernis für die Beseitigung von Armut. Die Kirchen sollten sich für den Erlass illegitimer Schulden einsetzen, die „durch skrupellose Kreditgeber entstanden sind“.

Der LWB forderte ferner seine Mitgliedskirchen auf, Frauen die Chance einer theologischen Ausbildung zu eröffnen und sie als Pfarrerinnen und in Leitungspositionen zuzulassen. 30 seiner 145 Mitgliedskirchen lehnen bislang die Ordination von Frauen ab. „Der Schmerz dieses Ausschlusses und der Verlust ihrer Gaben bedeuten Leiden und Verlust für die ganze Kirche“, erklärte die Vollversammlung.

Darüber hinaus sollten die Kirchen eine führende Rolle im Kampf gegen den Menschenhandel übernehmen. Insbesondere sollten sie die „Kommerzialisierung des menschlichen Körpers“ in den Medien anprangern. Auch sollten sich lutherische Christen entschieden gegen häusliche Gewalt wenden.

Mit großer Mehrheit wählten die Delegierten den palästinensischen Bischof Munib A. Younan zum neuen Präsidenten des LWB. Der 60-Jährige folgt Mark Hanson aus den USA nach, der seit Juli 2003 an der Spitze des LWB stand. Younan ist seit 1998 Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land und hat zuvor unter anderem als Gemeindepfarrer in Bait Dschala und Ramallah gearbeitet. Er ist Mitbegründer des „Rates Religiöser Institutionen des Heiligen Landes“, dem führende Vertreter des Christentums, des Judentums und des Islams angehören.

Younan setzt sich für die Rechte der Palästinenser und zugleich für eine Verständigung mit den Israelis ein. Er wolle Gerechtigkeit für beide Seiten, sagte er nach seiner Wahl. Der Rat religiöser Institutionen überprüfe derzeit israelische und palästinensische Schulbücher, um zu sehen, welche Bilder sie vermittelten. „Wenn wir die Kinder richtig unterrichten, dann ist das der Anfang von Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit“, betonte Younan. Der LWB vertritt 70 Millionen Christen in 79 Ländern. (gwo)

 

erschienen in Ausgabe 9 / 2010: Korruption: Geld, Amt und Macht

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