Entwicklungspolitik zwischen allen Stühlen

Die Außenminister der Europäischen Union haben Ende Juli den Haushalt, die Aufgaben und die politischen Kompetenzen des neuen Europäischen Auswärtigen Dienstes besiegelt. Das Amt ist auch für Bereiche der EU-Entwicklungspolitik zuständig, andere bleiben bei der EU-Kommission. Kritiker werten diese Aufteilung als Fehler.

Nach einem halben Jahr pausenloser Verhandlungen zwischen den Instanzen der EU kam die Einigung schließlich bei einem „informellen“ Treffen der EU-Außenminister Ende Juni in Madrid zustande. Eine Abordnung des Parlaments erreichte, dass der gesamte Haushalt des neuen „Außenamts“ im Budget der Kommission und damit unter parlamentarischer Kontrolle bleibt. Der Dienst muss sich sowohl gegenüber dem Ministerrat als auch vor dem Parlament verantworten.

Aufgeben musste das Parlament hingegen seine Forderung, über die Stellvertreter der Hohen Beauftragten Catherine Ashton mitzuentscheiden. Das Parlament stimmte dem Kompromiss Anfang Juli mit überwältigender Mehrheit zu, der Ministerrat gab Ende Juli grünes Licht.

Ashtons EU-Außendienst wird ein eigenes „Amt“ der EU, getrennt von Ministerrat und Kommission, das aber zugleich Funktionen und Personal von beiden übernimmt. Als „Hohe Beauftragte“ sitzt Ashton einerseits dem Rat der Außenminister vor, andererseits bleibt sie zugleich stellvertretende Präsidentin der Kommission – mit eigenem Statut und eigenen Beamten. Deren Zahl wird derzeit auf 6000 bis 8000 veranschlagt, sobald der Dienst auch alle bisherigen 136 auswärtigen Delegationen der EU übernommen hat.

Anfang Dezember sollen zunächst etwa 500 Beamte das neue Amt in Brüssel beziehen, einen Neubau im Dreieck mit den Hauptgebäuden von Ministerrat und Kommission. Ein Teil der Belegschaft stammt aus den Abteilungen für Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik des Ministerrats. Dazu kommen rund 150 Beamte aus der Generaldirektion Entwicklung der EU-Kommission. Ab 2011 wechseln dann befristet entsandte Mitarbeiter der Außenämter der EU-Mitgliedstaaten in den diplomatischen Dienst der EU.

Im Entwicklungsausschuss des EU-Parlaments haben einige Abgeordnete Bedenken, die Pläne von Catherine Ashton für das Amt könnten die bisherige und laut EU-Vertrag eigenständige Entwicklungspolitik auseinanderreißen. Denn das Amt wird alle für die jeweiligen Länder zuständigen „Desk Officers“ aufnehmen sowie die strategische Planung und die allgemeine Mittelzuteilung für die EU-Entwicklungszusammenarbeit bestimmen. Der EU-Kommission selbst bleibt dann nur die Umsetzung.

Auch die thematische oder sektorale Entwicklungszusammenarbeit, die zum Beispiel in einzelnen EU-Haushaltslinien für Bildungsförderung, Genderfragen oder Tropenwaldschutz angelegt ist, wird auf diese Weise geteilt: Denn wenn die Experten für einzelne Themen in der Kommission bleiben, die Planung und die Mittelzuweisung aber dem Außendienst zufällt, wer sichert dann, dass diese Themen ordentlich verfolgt werden, zitiert das Netzwerk nichtstaatlicher Organisationen EUROSTEP einen Diplomaten. Durch die Aufspaltung von Planung und Ausführung der Entwicklungspolitik könnte deren übergreifende Aufgabe – die Armutsbekämpfung – aus dem Blick geraten.

erschienen in Ausgabe 9 / 2010: Korruption: Geld, Amt und Macht
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